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SOZIALE UND TERRITORIALE ANALYSE DES WORTSCHATZES





Berufslexik

 

Übung 1. Bestimmen Sie anhand der Wörterbücher, welchen Berufen die angeführten Wörter angehören, und erklären Sie ihre Entstehungsart:

Runks, Fuchsschwanz, Feuernest, Bremser, Bremsschuh, Heck, Kiellinie, Rahe, Kleinkrieg, Lunte, Backbord, Muffe, Mantel, Axt, Beil, Bart, Barte, Druckfehler, Drucksock, Richtkanonier, Richtschnur, Steigflug, Laufbahn, Läufer, seefest, segelfertig, entern, landen, zutage fördern.

 

Übung 2. Schreiben Sie aus folgenden Sätzen die Berufslexik aus, bestimmen Sie, welchen Berufen diese Wörter angehören, und erklären Sie ihre Entstehungsart:

l. Sie schritten den nächsten Schienenrahnien ab, aus einem Sack Laschen und Muttern holend (A. Zweig). 2. Gleichwohl vergingen Monate, und das Jahr war daran, abzuschließen, bevor er, von Sachsen aus, auch nur eine Erklärung über die Klage, die erdaselbst anhängig gemacht hatte, geschweige denn die Resolution selbst, erhielt (H. Kleist). 3. «Warum baut man denn keine solchen Schiffe mehr? Darf ein Seemann nur auf Bequemlichkeiten sehen? Ich finde nicht. Ich finde, das darf keine Bedeutung haben. Auf die Schnelligkeit und die Seetüchtigkeit allein kommt es an. Nichtwahr? ... Nicht wahr, Steuermann?» (W. Bredel.) 4. Eduard kalkuliert blitzschnell. Er kalkuliert auch Valentin ein und das Gedicht über ihn in meiner Tasche (E. M. Remarque). 5. Einige Setzer waren hinzugetreten (F. C. Weiskopf). 6. Im einzelnen gehören zu seinem Tätigkeitsfeld: Katalogisierung deutscher und fremdsprachiger Werke, Führung von alphabetischen und Standortkatalogen, Leserberatung in Fragen der Benutzung, Anwendung und Auswertung bibliographischer Hilfsmittel sowie Mitarbeit bei der Zusammenstellung und Veröffentlichung von Bibliographien, Mitarbeit an Ausstellung, Führung der Zugangslisten, Auskunftsdienst in den Lesesälen, Signieren von Bestellzetteln, bibliothekarische Anleitung der Buchbinder sowie Verkehr mit bibliothekarischen und buchhändlerischen Einrichtungen (H. Kunze.)



 

Jargonismen

Übung 1. Bestimmen Sie anhand der Wörterbücher, auf welche Weise folgende Jargonismen entstanden sind:

Stottertante, Totenorgel, Tippmamsel, Kaffeemühle, Taktak, Steinklopfer, Pedell, einen Salamander reiben, Philister, blaue Bohnen, Gulaschkanone, Schrapnellkugeln, Schnure, Schnurrbart, Schmollis, Fliegen, Spatzen, stibitzen, Grobität, Luftikus, Pfiffikus, Bruder Studio, Bursch, Fuchs, Musensohn, Besen, Mutterkalb.

 

Übung 2. Schreiben Sie aus folgenden Sätzen die Jargonismen aus und bestimmen Sie, auf welche Weise sie entstanden sind:

1. «Ich bin im Moment nicht sehr flüssig», sagt Jachmann. «Aber achtzig Mark, vielleicht neunzig Mark, würde ich Ihnen gerne geben.» Er verbessert sich. «Leihen, pumpen meine ich.» (H. Fallada.) 2. «Emil, man sollte die Knarre an jeden Ast hängen und heim­laufen— laufen, Mensch, auf den Stiefeln.» (A. Zweig.) 3. Er betrachtete kritisch die alte Frau mit der jungen Stimme und den jungen Augen, ihre kräftigen dicken Knöchel in Stiefel und Reithose, die ihr gewiß nicht an­gemessen worden waren. Sie hat sie «geerbt», dachte er in seiner Soldatensprache weiter (A. Zweig). 4. Der Jachmann ist ihm schnurz, den beachtet er gar nicht, den kann er schon nicht riechen, der kohlt ja, denkt er (H. Fallada). 5. ... denn namentlich die jüngeren und einige der sogenannten «Haupthähne» der Verbindung scheuten sich nicht... (Th. Storm) 6. ... nun, die Rauch­schwaden werden den Kanonieren drüben schon zeigen, wohin es lohnt, zu pfeffern (A. Zweig). 7. ... acht Tage später stand er dem Raugrafen auf der Mensur gegen­über ... und Fritz erhielt einen «Schmiß» (Th. Storm). 8. Als der Tagesschein durch die geöffnete Tür fiel, wurden auf der Mitte des Fußbodens ein paar dunkle Flecke sichtbar, die mir keinen Zweifel ließen, daß nicht nur Kneipabende, sondern auch die dazugehörigen «Paukereien» in diese Einsamkeit verlegt waren (Th. Storm). 9. Schneider-Creusot macht Kanonen, die mehr als doppelt so weit tragen wie die «Dicke Berta» (E. E. Kisch). 10. Die Kinder im Schulraum sehe ich durch einen Schleier ... Ich bin sitzengeblieben. Ich bin ein Hängenbleiber (E. Strittmatter). 11. Auf dem Wege zum Lehrerzimmer verdonnerte Rankl einen Schüler zum Nachsitzen wegen schlappen Grüßens und kün­digte Strafturnen für die ganze Quarta an... (F. C. Weis­kopf.) 12. «Den Jungen haben sie mir mit der Sitzenbleiberei zum Invaliden gemacht», sagt der Großvater... (E. Strittmatter.) 13. «Ich komme sofort!» sage ich. «Die Heulboje lügt!» (E. M. Remarque.)



 

Argotismen

Übung 1. Erklären Sie die Bildungsart der angeführten Argotis­men und bestimmen Sie ihre Herkunft, wo es möglich ist:

ausbaldowern — выведать, выследить; acheln — кушать; Blech, Heu, Kies, Pinke (pinke), Zinke — деньги; Feldglocke, Witwe — виселица; Gasthof zur akademischen Freiheit, höhere Töchterschule, Käfig, Kasten, Kiste — тюрьма; genfen, kleien, stibitzen — красть; keß — дерзкий, наглый; koscher — чистый; die Sache ist nicht koscher — дело не чисто; Schmiere — стража; Schreiling — ребенок; Schwärze — темнота; Sucher — сыщик; Wetterhahn — шляпа; Windfang — пальто.

 

Übung 2. Erklären Sie anhand der Wörterbücher die Bedeu­tung und die Bildungsart folgender fettgedruckter Argotismen:

1. «Pinneberg! Mensch! Penner!» ruft der draußen (H. Fallada). 2. «Da haben Sie den richtigen Ganoven gefaßt.» (H. Fallada.) 3. «Diese Jungen», sagt der Netzemeister bewundernd und stolz, «was die für Dinger drehen! Aber wenn der Batzke es Ihnen sagt, der macht es! Und der verpfeift uns auch nicht.» (H. Fallada.) 4. «Keine Angst, alles pennt.» (E. M. Remarque.) 5. Die Ränder seiner Hosenbeinlinge stecken in grauen Segel tuchgamaschen (E. Strittmatter).

 

Dialektismen

Übung l. Erklären Sie anhand der Wörterbücher die Bedeu­tungen folgender Dialektismen und versuchen Sie zu diesen die allgemeindeutschen Synonyme zu finden:

antrudeln, Asch, auflüpfisch, Aufsitzer, ausge­schämt, (sich) ausquatschen, Aust, austen, Automoppel, bähen, bannig, Beisel, beluchsen, beschummeln, Föhre, Gammel, gammelig, Gant, ganten, Gewese, gokeln, Gosche, Gössel, Greißer, Griefe, grienen, Haber, Hucke, huppen, Husche, Kaff, Kamp, kanten, Kate, Kiepe, Kipf, Klips, Klitsch, klitschen, klönen, kloppen, knap­pern, Knaul, Knödel, Knorz, Kober, Kofel, Kruke, Kü­chel, Mezzanin, Modder, More, Mostrich, Murks, murk­sen, nackend, nieseln, pladdern, Plumpe, Pulle, pullen, pumpern, Quelle, Salm, Schmant.



 

Übung 2. Erklären Sie anhand der Wörterbücher die Bedeutungen und die Herkunft folgender fettgedruckter Dialektismen:

1. Georg winkt ab. «Was ist der Unterschied? Die große Welt benimmt sich heute oft vulgärer als ein Pferdemetzger.» (E. M. Remarque). 2. «Über alles», sagt der Schlächter und erhebt sich. «Der Mann weiß alles! Alles, sage ich Ihnen, Kamerad!» (E. M. Remarque). 3. «Die werden einen auch wieder hübsche triezen», denkt er in seinem Ärger (H. Fallada). 4. «Sie kommen selbstredend zur Jause.» (F. C. Weiskopf). 5. ... er glaubte dies zu erreichen, wenn er dessen Eidam wurde (W. Bredel). 6. Entlang am rauschenden Flüßchen ... wandert die Jugendschar mit Rucksäcken und Klampfen (W. Pollatschek). 7. «Quatsch», antwortete er. Und setzte unwillig hinzu: «Als ob ich dauernd dun wäre.» (W. Bredel). 8. Riesige Wellenmassen prallten gegen die hochbordigen Koggen, warfen die Fahrzeuge, die Wellenkämme hinauf... (W. Bredel)

Umgangssprachliche Lexik

Übung 1. Erklären Sie anhand der Wörterbücher die Bedeutungen der angeführten umgangssprachlichen Ausdrücke und finden Sie zu diesen Synonyme, wo es möglich ist:

bläken, blau sein, blechen, Galgenschelm, Gigolo, gesundmachen, Getratsche, Gewäsch, gewieft, Glückspilz, Kikelkakel, Kitt, der ganze Kitt, klauen, Kohl, Lurre, lurren, mausen, picheln, Radau, schurigeln, spintisieren.

 

Übung 2. Übersetzen Sie folgende Sätze ins Russische und erklären Sie anhand Wörterbücher die Bedeutungen und die Herkunft der umgangssprachlichen Wörter und Wortverbindungen:

1. Mehr konnte sie nicht erlauschen, denn das Kind, das bis dahin ruhig gelegen, begann wieder zu greinen, und Grete benutzte den Moment und fühlte sich vorsichtig weiter bis an das zweite Treppengeländer und in ihre Giebelstube hinauf (Th. Fontane). Pinneberg zottelt so vor sich hin, er ist sauwütend, daß er sich vom Meister wieder durch den Kakao hat ziehen lassen (H. Fallada). 3. Er wird immer verwirrter. Es kann doch nicht sein, daß Lämmchen, sein Lämmchen ihn beschummelt (H. Fallada). 4. Alles schaut auf die beiden, und ein Stimmengewirr erhebt sich: «So was gibt’s nicht!» «Wir warten schon länger!» «Wozu zahlen wir unsere Kassenbeiträge?!» «Die feinen Pinkels sind auch nicht mehr wie wir.» (H. Fallada). 5. «Hören Sie mal, Jüngling, das verbitte ich mir, daß Sie mich hier anfassen. Das geht mich einen Dreck an, was Sie mir da erzählen.» (H. Fallada). 6. «Wollen Sie was von mir? Ich schlag Ihnen ein paar in Ihre Fresse, Sie Dummer Kerl. Ewig stänkern...» (H. Fallada). 7. «Mensch», fragt er den Landarbeiter Przygulla, «kiek mal hin, hängt dem Kerl nicht ein Lappen überm Scheinwerfer?» (A. Zweig). 8. «Alles! Aber ein bißchen dalli!» (H. Herrmann). 9. «Er ist meschugge», heult Riesenfeld durch die Synkopen des Foxtrolls «Himmelsvater» (E. M. Remarque). 10. Gerda explodiert mit einem kurzen, scharfen Zischen. «Ehre», japst sie (E. M. Remarque). 11. Nachmittags kommen dann die Frauen zueinander in die Visite, ... besprechen sich ... und der Schluß ist, ... daß der Bürgermeister sich «schmieren» lasse... (W. Hauff). 12. «Ein roter Granit, einseitig poliert, Hügelstein, zwei bossierte Sockel, ein Meter fünfzig hoch, zwei Millionen zweihunderttausend Mark – ein kleiner, einszehn hoch, eine Million dreihunderttausend Eier. Gute Preise.» (E. M. Remarque).

ALLSEITIGE ANALYSE

Übung 1. Schreiben Sie aus folgenden Texten die Wörter uml Wortverbindungen aus, die Sie lexikologisch charakterisieren können, und erklären Sie diese vom Standpunkt der Wortbildung, der Entlehnung, des Bedeutungswandels, der Phraseologie usw. aus:

I. Und dieser Mann um die Fünfzig, dieser alt gewordene Herumtreiber, Nichtstuer und Weiberheld be­llete wie ein Schulkind: Ach, lieber Gott, laß mich doch noch einmal Glück haben, nur dieses einzige Mal noch! Ich will auch ganz bestimmt ein anderes Leben anfäll­igen, nur mach, daß mich die Hete aufnimmt!

So betete, bettelte er. Und dabei wünschte er doch, daß es noch recht lange hin bis zum Ladenschluß sein möchte, bis zu dieser ausführlichen Aussprache und seinem Geständnis, denn irgend etwas gestehen mußte er der Hete, das war klar. Wie sollte er ihr sonst begreiflich machen, warum er hier mit Sack und Pack angerückt kam, und mit einem so dürftigen Sack und Pack dazu! Er hatte doch vor ihr immer den großen Mann gespielt.

Und dann war es plötzlich doch soweit. Schon längst war die Ladentür geschlossen, anderthalb Stun­den hatte es dann noch gekostet, all seine Bewohner mit frischem Wasser und Futter zu versehen und den Laden aufzuräumen. Nun saßen die beiden einander gegenüber an dem runden Sofatisch, hatten gegessen, ein wenig geplaudert, immer ängstlich das Hauptthema vermeidend, und plötzlich hatte diese zerfließende, ver­blühte Frau den Kopf erhoben und gefragt: «Nun, Hänschen? Was ist es? Was ist dir geschehen?»

Kaum hatte sie diese Worte in einem ganz mütter­lich besorgten Ton gesprochen, da fingen bei Enno die Tränen an zu fließen; erst langsam, dann immer reich­licher strömten sie über sein mageres, farbloses Gesicht, dessen Nase dabei stets spitzer zu werden schien.

Er stöhnte: «Ach, Hete, ich kann nicht mehr! Es ist zu schlimm! Die Gestapo hat mich vorgehabt...»

Und er barg, laut aufschluchzend, den Kopf an ihrem großen, mütterlichen Busen.

Bei diesen Worten richtete Frau Hete Häberle den Kopf auf, in ihre Augen kam ein harter Glanz, ihr Nacken steifte sich, und sie fragte fast hastig: «Was haben sie denn von dir gewollt?»

Der kleine Enno Kluge hatte es — in nachtwand­lerischer Sicherheit — mit seinen Worten so gut, wie es nur möglich war, getroffen. Mit all seinen ändern Ge­schichten, mit denen er sich an ihr Mitleid oder an ihre Liebe hätte wenden können, wäre es ihm nicht so gut ergangen wie mit diesem Wort Gestapo. Denn Witwe Hete Häberle haßte Unordnung, und nie hätte sie einen liederlichen Herumtreiber und Zeittotschläger in ihr Haus und in ihre mütterlichen Arme genommen. Aber das eine Wort Gestapo öffnete ihm alle Pforten ihres mütterlichen Herzens, ein von der Gestapo Verfolgter war von vornherein ihres Mitleids und ihrer Hilfe sicher.

Denn ihren ersten Mann, einen kleinen kommuni­stischen Funktionär, hatte die Gestapo schon im Jahre 1934 in ein KZ abgeholt, und nie wieder hatte sie von ihrem Mann etwas gesehen und gehört, außer einem Paket, das ein paar zerrissene und verschmutzte Sa­chen von ihm enthielt. Obenauf hatte der Totenschein gelegen, ausgestellt vom Standesamt II, Oranienburg, Todesursache: Lungenentzündung. Aber sie hatte spä­ter von andern Häftlingen, die entlassen worden wa­ren, gehört, was sie in Oranienburg und in dem nahe gelegenen KZ Sachsenhausen unter Lungenentzündung verstanden.

Und nun hatte sie wieder einen Mann in ihren Armen, einen Mann, für den sie bisher seines schüchter­nen, anschmiegenden, liebebedürftigen Wesens halber schon Sympathie empfunden, und wieder war er von der Gestapo verfolgt.

«Ruhig, Hänschen!» sagte sie tröstend. «Erzähle mir nur alles. Wenn einer von der Gestapo verfolgt wird, der kann von mir alles haben!» (H. Fallada.)

II. Karl Alexander schickte Magdalen Sibylle prächtige Geschenke, flandrische und venezianische Gobelins, goldene Parfümfläschchen mit persischem Ro­senöl, ein arabisches Reitpferd, ein Perlengehänge. Er war kein Filz, er ließ sich nicht lumpen, und er betrachtete Magdalen Sibylle als seine erklärte Mätresse. Täglich kam der Kammerdiener Neuffer, fragte förmlich im Auftrag des Herzogs nach dem Befinden der Demoiselle.

Magdalen Sibylle ließ sich alles kalt und wortlos gefallen. Sie ging stumm wie eine Tote, starr das männlich kühne, schöne Gesicht, verpreßt die Lippen, die Arme seltsam steif. Sie verließ das Haus nicht, sie sagte guten Morgen, guten Abend, sonst nichts, sie aß allein, sie kümmerte sich nicht um das Hauswesen. Sie hatte zu niemandem, zu ihrem Vater nicht, zu nieman­dem über die Sache mit dem Herzog gesprochen, es kam vor, daß sie ihren Vater tagelang nicht sah.

Weißensee wagte keinen Versuch, sie aus ihrer Starre zu wecken. Er war nobilitiert worden, er hatte jetzt den Rang eines Konferenzministers. Er war flat­terig und sehr elend, er fühlte das Mißtrauen seiner Kollegen vom engeren landschaftlichen Ausschuß, er wollte sich aussprechen mit Harpprecht, dem Juristen, mit Bilfinger, der ein rechter, ehrlicher Mann war und sein Freund. Er wagte es nicht.

Magdalen Sibylle saß stundenlang und starrte. Sie war aus sich herausgeworfen, zertrampelt, zerfetzt, zer­wüstet.

Waren dies ihre Arme? Wenn sie sich stach, war das ihr Blut? Das Seltsamste war, sie hatte keinen Haß gegen den Herzog (L. Feuchtwanger).

III. Die Vorgänge auf dem Friedhof und bei dem darauffolgenden Imbiß im Reitherschen Hause sollten noch lange Zeit in der sogenannten besten deutschen Gesellschaft Prags durchgehechelt werden.

Da war zuerst der skandalöse Zwischenfall an der offenen Familiengruft. Er ereignete sich während der Grabrede, die Doktor Koch vom «Tagesanzeiger» hielt. Der etwas asthmatische Chefredakteur geriet bei der Schilderung seines ersten Zusammentreffens mit Alexan­der Reither, zur Zeit der Dreyfus-Affäre, unversehens in einen Dithyrambus auf das holde Frankreich und wurde von Rankl, der diese Französelei als Herausfor­derung empfand, rüde unterbrochen. Es folgte ein Wortwechsel, in dessen Verlauf Doktor Koch seinen Gegner einen anmaßenden Parvenü und intolerablen Fremdkörper im Reitherschen Hause nannte, was wie­derum Rankl dermaßen in Wallung versetzte, daß er mit erhobenen Fäusten auf Koch eindrang, um ihn Mores zu lehren. Wäre der Sarg nicht plötzlich zur Seite gekippt und in die Tiefe gepoltert, so hätte das Begräbnis in einer regelrechten Schlägerei geendet.

Diese Vorfälle und ein Wintergewitter, durch das der Regen in einen Wolkenbruch verwandelt wurde, bewirkten, daß nur ein kleiner Teil der Trauergesell­schaft sich zu dem traditionellen Nach-Begräbnis-Imbiß einfand. Es waren trotzdem immer noch zu viele uner­wünschte Zeugen bei dem Familienkrach anwesend, zu dem es kam, als Max Egon Reither, über dessen Fehlen bereits getuschelt worden war, nun mit einemmal auf­tauchte: nicht in der Uniform des Freiwilligen Automo­bilkorps (als dessen Mitglied er bei einem Armee­kommando im Osten Dienst tat), sondern in einem zerknitterten Pepita-Anzug. Er erklärte der peinlich berührten Karoline, ihm sei beim Umsteigen in Przemysl der Koffer mit seinem Extrawaffenrock gestohlen worden; völlig durchnäßt in Prag angelangt, habe er dann stundenlang unter seinen eingekampferten Zivil­sachen nach einem, der Gelegenheit entsprechenden, Anzug gesucht, der ihm noch halbwegs sitzen würde, und darüber schließlich die Beerdigung versäumt. Mit einem zerstreuten Lächeln fügte Max Egon hinzu, er fühle sich trotzdem eher erleichtert als bedrückt, da ihm Begräbnisse seit jeher eine unüberwindliche Abneigung einflößten — eine Regung, die übrigens von seinem Vater verstanden worden sei (F. C. Weiskopf).

IV. Aber der menschliche Genius weiß sogar die Unnatur zu verklären, vielen Malern gelang es, die unnatürliche Aufgabe schön und erhebend zu lösen, und namentlich die Italiener wußten der Schönheit etwas auf Kosten des Spiritualismus zu huldigen und sich zu jener Idealität emporzuschwingen, die in so vielen Darstellungen der Madonna ihre Blüte erreicht hat. Die katholische Klerisei hat überhaupt, wenn es die Madonna galt, dem Sensualismus immer einige Zugeständnisse gemacht. Dieses Bild einer unbefleckten Schönheit, die noch dabei von Mutterliebe und Schmerz verklärt ist, hatte das Vorrecht, durch Dichter und Maler gefeiert und mit allen sinnlichen Reizen ge­schmückt zu werden. Denn dieses Bild war ein Magnet, welcher die große Menge in den Schoß des Christentums ziehen konnte. Madonna Maria war gleichsam die schöne Dame du Comptoir der katholischen Kirche, die deren Kunden, besonders die Barbaren des Nordens, mit ihrem himmlischen Lächeln anzog und festhielt.

Die Baukunst trug im Mittelalter denselben Charak­ter wie die andern Künste, wie denn überhaupt damals alle Manifestationen des Lebens aufs wunderbarste miteinander harmonierten. Hier, in der Architektur, zeigt sich dieselbe parabolische Tendenz wie in der Dicht­kunst. Wenn wir jetzt in einen alten Dom treten, ahnen wir kaum mehr den esoterischen Sinn seiner steinernen Symbolik. Nur der Gesamteindruck dringt uns un­mittelbar ins Gemüt. Wir fühlen hier die Erhebung des Geistes und die Zertretung des Fleisches. Das Innere des Doms selbst ist ein hohles Kreuz, und wir wandeln da im Werkzeuge des Martyriums selbst; die bunten Fenster werfen auf uns ihre roten und grünen Lichter wie Blutstropfen und Eiter; Sterbelieder umwimmern uns; unter unseren Füßen Leichensteine und Verwesung, und mit den kolossalen Pfeilern strebt der Geist in die Höhe, sich schmerzlich losreißend von dem Leib, der wie ein müdes Gewand zu Boden sinkt. Wenn man sie von außen erblickt, diese gottischen Dome, diese un­geheuren Bauwerke, die so luftig, so fein, so zierlich, so durchsichtig gearbeitet sind, daß man sie für ausge­schnitzelt, daß man sie für Brabanter Spitzen von Märmor halten sollte: dann fühlt man erst recht die Gewalt jener Zeit, die selbst den Stein so zu bewältigen wußte, daß er fast gespenstisch durchgeistet erscheint, daß sogar diese härteste Materie den christlichen Spiritua­lismus ausspricht (H. Heine).


ETYMOLOGISCHES UND ERLÄUTERNDES WÖRTERBUCH

(als Beilage zu den Übungen)

Abkürzungen

Adj. Adjektiv lat. lateinisch

Adv. Adverb lit. litauisch

ahd. althochdeutsch M. Maskulinum

altfrz. altfranzösisch mdt. mitteldeutsch

altgerm. altgermanisch mhd. mittelhoch-

angls. angelsächsisch deutsch

anord. altnordisch mnd. mittelnieder-

asächs. altsächsich deutsch

aslow. altslowenisch mtengl. mittelenglisch

bair. bairisch mtlat. mittellateinisch

dän. dänisch N. Neutrum

Dat. Dativ ndd. niederdeutsch

dt. deutsch nhd. neuhochdeutsch

engl. englisch nlat. neulateinisch

F. Femininum nl. niederländisch

fries. friesisch nordd. Norddeutsch

frühmhd. frühmittelhoch- oberd. oberdeutsch

deutsch Part. Partizip

frühnhd. frühneuhoch- Pl. Plural

deutsch Präp. Präposition

frz. französisch Pron. Pronomen

gemein- gemeingerma- roman. romanisch

germ. nisch russ. russisch

Gen. Genetiv schwed. schwedisch

germ. germanisch spätahd. spätalthoch-

got. gotisch deutsch

grch. greichisch spätmhd. spätmittelhoch-

hdt. hochdeutsch deutsch

hess. hessisch sskr. sanskritisch

idg. indogermanisch südd. süddeutsch

Inf. Infinitiv V. (st. V.) Verb (starkes

ital. italienisch Verb)

kelt. keltisch westgerm. Westgermanisch

Konj. Konjunktion Wz. Wurzel

Zuss. Zusammen- setzung

 

Ein Stern vor einem Wort zeigt an, daß dies nicht bezeugt ist und bloß auf Grund sprachgeschichtlicher Tatsachen als mög­lich zu gelten hat.

 


A

Abend M., ahd. āband, mhd. ābent, asächs. āband, nl. avond, engl. eve mit der Weiterbildung evening; verwandt mit grch. ópithe(n) 'hinten, hinterher', opsé 'spät'.

AberglaubeM., im 15. Jh. aufgekommen als Wieder­gabe von lat. superstitio. aber— altgerm. Wort; als Adv. bedeutet es 'noch einmal, wieder; dagegen'. In Zuss. wie Aberglaube bezeichnet aber die Richtung auf das Verkehrte. Glaube M., ahd. giloubo, mhd. geloube (synkopiert gloube), asächs. gilōbo, nl. geloof, engl. belief 'Glaube'.

Absicht F., zu absehen.

abwesend zu Abwesen N. — substantivierter In­finitiv zum st. V. ahd. wёsan 'sein', got. wisan 'sein, verweilen, bleiben'; ab (Adv.), ahd. aba 'von ... weg, von ... hinab'. Vgl. anwesend.

ahnden (V.), ahd. antōn, mhd. anden 'strafen, rügen' aus ande 'Gefühl der Kränkung'; frühnhd. be­deutet das Verb 'Unwillen empfinden'.

all (Adj.), ahd. mhd. al (flektiert Pl. alle) 'ganz, jeder, alle', got. alls, engl. all, nl. al. Gemeingerm. Wort, vielleicht verwandt mit alt. Grundbedeutung 'ausgewachsen, vollständig'.

allein (Adj.), aus gleichbedeutenden mhd. al-ein, al-eine, engl. alone, nl. alleen.

allerlei: aller — erstarrter Gen. aus all; -lei — Suf­fix bloß nhd., aus mhd. leie(F.) 'Art, Art und Weise': leie hält man allgemein für ein roman. Wort, dem altfrz. provenzalischen ley 'Art und Weise' (aus lat. legem) entlehnt.

allmählich (Adj.), aus mhd. almechlich 'langsam', gehört zu gemächlich; gemächlich (Adv.), ahd. gimahlīhho, mhd. gemechlīch zu ahd. gimah, mhd. ge­mach 'bequem, passend'.

als (Konj.), ahd. alsō 'ebenso, wie' ist aus al 'ganz' und 'so' zusammengesetzt, mhd. als, álse, álsō 'ebenso, so, als, als ob, weil'.

Alter N., gemeingerm. Wort, ahd. altar, mhd. alter 'Lebensalter, Alter', asächs. aldar 'Leben, Lebenszeit', anord. aldr 'Lebensalter, Greisenalter', got. *aldra (in

framaldrs 'bejahrt').

anderthalb — Zuss. von ander und halb. ander, gemeingerm. Wort, ahd. andar, mhd. ander 'der andere, der zweite', engl. other, nl. ander. Ursprünglich und noch frühnhd. ist ander auch Ordinalzahl, später durch 'der zweite' verdrängt. Nach Analogie der Ordinalzahlen hat sich die Form anderte herausgebildet. Daher anderthalb. halb (Adj.), ahd. halb, mhd. halp, gemeingerm. Wort, ndd. nl. half, engl. half, got. halbs 'halb'.

Anliegen N., substantivierter Inf. zu anliegen,ahd. analig(g)an, mhd. an(e)ligen. 1. eigentlich ein Kleid liegt (eng) an, die anliegenden Äcker; 2. mir liegt etwas an 'es ist meine Sache, geht mich an'.

anwesend zu Anwesen, früher üblich statt des jüngeren Anwesenheit; eigentlich zu Wesen (siehe abwesend).

artig (Adj.) knüpft an Art an, mit dem Suffix -ig. Art F., mhd. M., F. — angeborene Eigentümlichkeit, Natur, Beschaffenheit, Art'. Urverwandt mit lat. ars (Gen. Sg. artis) 'Kunst' und sskr. rtá 'passend, recht', rtih 'Art und Weise'. Daher bedeutet artig 'gehörig, passend', jetzt bezeichnet es 'zierlich, anmutig, wohlerzogen, höflich'. Gutartig, bösartig usw. sind Ableitun­gen aus gute, böse Art.

B

Bach M., altgerm. Wort, ahd. bah, mhd. bach, asächs. beki, ndd. bēke, nl. beek, engl. beck.

Backfisch M., frühnhd. als Bezeichnung für einen unreifen Studenten (mit Anklang an nlat. baccalaureus 'Gelehrter des untersten Grades'), dann für ein nicht ganz ausgewachsenes Mädchen, schon im 16. Jh.; eigentlich: junge, nur zum Backen geeignete Fische.

Bahre F., ahd. bāra, mhd. bāre, dazu nl. baar, engl. bier 'Bahre'. Vorgerm. Lautform ist bhērā. Vgl. im In­dischen bhar, im Lat. fer. Daraus entwickelte sich im Germanischen das Verb: got. bairan, ahd. bёran, mhd. bёrn, engl. to beer 'tragen, halten, führen, hervorbrin­gen'. Diese Wurzel ist auch in nhd. Bürde, gebären.

Bank1F., ahd. bank, mhd. banc, nl. bank, engl. bench 'Bank, Gerichtsbank, Kaufstand'.

Bank2 F., 'Haus für Geldgeschäfte' (seit dem 17. Jh. verzeichnet); entlehnt aus ital. banca, das seinerseits dem Germ, entstammt.

Barbar M., aus grch. bárbaros, lat. barbarus, ur­sprünglich 'Nicht-Grieche-oder-Römer', eigtl. 'unzivilisierter roher Mensch'.

Barbier M., erst frühnhd. entlehnt aus frz. barbier 'Bartscherer'. Davon auch Barbierstube.

Barmherzigkeit F., Ableitung von barmherzig, ahd. arm(a)herzi, got. armahaírts — eine Nachbildung von kirchenlat. misericors 'mitleidig'.

Base1 F., ahd. basa, mhd. base, dialektisch 'Tante, Nichte, Geschwisterkind', sonst 'Schwester des Vaters'.

Base2 F., oder Basis F., aus dem grch. básis, eigtl. 'Schritt', dann 'betretener Boden, Grund, Grundlage'.

Bauer1 M., N., mhd. būr 'Aufenthalt, Käfig der Vögel'; ahd. būr bedeutet aber auch 'Haus, Kammer'; vgl. angls. būr 'Kammer, Hütte'.

Bauer2 M., ahd. būāri, mhd. būwære zu bauen.Bauer3 M., ahd. gibūro, mhd. gebūr(e) gehört zu germ. būr 'Wohnung', eigtl. 'Mitbewohner, Mitein­wohner', dann 'Nachbar, Mitbürger' (vgl. Geselle) und weiterhin 'Dorfgenosse, Bauer'.

bäuerisch (Adj.), eine Ableitung von Bauer3.

Beamter M., aus be- und Amt. Das Präfix be- hat viele Bedeutungen, darunter auch die Bedeutung 'ver­sehen mit etwas'. Amt N., ahd. atnbaht(i), mhd. amb(e)t, ambahte 'Dienst'. Vgl. got. andbahti 'Dienst'. Es ist eine alte Entlehnung aus dem Keltischen ambactus 'Bote', eigtl. 'Herumgesandter'. Amt bezeichnete ursprünglich jede Art von Dienstleistung, dann eine offizielle Stellung mit bestimmter Verpflichtung; später auch einen Bezirk, der unter der Verwaltung eines Beamten oder eines Kollegiums von Beamten steht, ferner ein solches Kollegium, endlich das Gebäude der Verwaltung.

Becken N., ahd. beckīn, mhd. becke(n) 'Quelle' aus vulgärlat. roman. baccīnum, bacchīnon 'Becken'.

Befehl M., spätmhd. bevёlch, direkte Ableitung aus dem Verb befehlen. befehlen (st. V.), mit verschiedenen Bedeutungen: ahd. bifёl(a)han 'übergeben', mhd. bevёl(h)en 'übergeben, anvertrauen, übertragen, befehlen'. Das zugrunde liegende einfache Wort ist frühzeitig untergegangen, es steckt in empfehlen. Vgl. got. filhan 'verbergen, begraben'.

Befinden N., Substantivierung des Infinitivs befinden. befinden, ahd. pifindan, mhd. befinden. Früher ähnlich wie einfaches finden gebraucht. finden (st. V.), ahd. findan, mhd. vinden kann entweder das Ergebnis eines Suchens ausdrücken oder das zufällige Stoßen auf einen Gegenstand. Es bleibt nicht auf Objekte der räumlichen Welt beschränkt; vgl. Beifall, Freude usw. finden. Es bedeutet auch 'in der Betrachtung, Überlegung auf etwas geraten'; vgl. ich fand, daß er mich getäuscht hatte.

BegierdeF., eine Abstraktbildung von Gier, ahd. girī, mhd. gir 'Begehren, Begierde', dazu nhd. Gierde (Begierde).

beginnen (st. V.), ahd. biginnan, geht auf ein altgerm. Wort zurück. Vgl. got. du-ginnan, engl. to begin. Das Präteritum lautete ursprünglich begunde, begonde; jetzt herrscht aber die starke Form begann.

begleiten(begeleiten) (V.), im 17. Jh. aufgekommen für älteres beleiten und geleiten. Der ursprüngliche Sinn des Führens ist darin ganz verblaßt, es ist nur noch 'mit einem gehen'. Übertragen: einen auf dem Klavier usw., seine Worte mit Gebärden begleiten, be­tleitende Umstände.

behäbig (Adj.), zu dem Verb behaben, sich 'sich benehmen'. behäbig scheint erst von Goethe in der jetzigen Bedeutung gebraucht zu sein. Früher erscheint es wie das ältere beheb 'fest haltend, gut schließend'. Vgl. gehäbig, ältere Form für behäbig. Dazuauch Behäbigkeit.

beileibe (Adv.), zusammengerückt aus bei und leibe. bei, mhd. bī, urspr. nur Adv., dann auch Präp. Leib M., ahd. līb, mhd. līp (b) 'Leben, Leib, Körper'. Die Bedeutung 'Leben' hat das nhd. Wort bewahrt nur in Zusammensetzungen wie Leibzucht 'Lebensunter­halt', Leibrente und in dem Adv. beileibe.

bequem (Adj.), ahd. biquāmi, mhd. bequæme 'pas­send, tauglich', zu ahd. kuman (got. qiman) 'kommen', für das eine Bedeutung 'sich ziemen, passen' voraus­gesetzt wird, die in got. gaqimiþ 'es ziemt sich' vor­liegt; vgl. angls. becuman, engl. to become 'zukommen, geziemen'; vgl. auch lat. convenire 'zusammenpassen, sich ziemen, passen'.

bescheiden (Adj.) — die alte Form des Part, vom Verb bescheiden — ist als Adj. erhalten; eigtl. 'be­stimmt', dann 'klar, deutlich, verständig, klug', bescheiden (st. V.), ahd. bisceidan, mhd. bescheiden 'scheiden, entscheiden, erzählen, berichten', eine Ablei­tung von scheiden — ahd. sceidan, mhd. scheiden 'son­dern, trennen, entscheiden, schlichten, bestimmen'.

Beschwerde F., mhd. beswærde 'Bedrückung, Kum­mer' zu ahd. beswāren, mhd. beswæren (vgl. nhd. be­schweren) 'sich beschwert fühlen' vom Adj. ahd. swāri, mhd. swære 'schwer'.

besonders (Adv.), mit sekundärem s, mhd. besunder 'gesondert, getrennt' zu sonder, ahd. suntar, mhd. sun­der; wurzelverwandt mit grch. ater, lat. sine 'ohne'. Urspr. Adv. mit dem Sinne 'auseinander', 'besonders'.

bezeigen, sich Ableitung von zeigen. Zu sich be­zeigen gehört substantiviertes Bezeigen 'Benehmen', im 18. Jh. üblich.

binnen (Präp.) mhd. (b)innen 'innerhalb' aus biinnan, mit Unterdrückung des ivon bi-. innen (Adv.), ahd. innana, mhd. innen, got. innana 'innerhalb'.

bitter (Adj.), ahd. bittar, mhd. bitter, verwandt mit beißen (germ. bītan); die Lautverschiebung ist durch Einfluß des r unterblieben. Es bezeichnet daher urspr. einen scharfen unangenehmen Geschmack, also eigtl. 'stechend, scharf; die jetzige bestimmtere Bedeutung hat es erst allmählich erlangt.

Blindekuh spielen, seit dem 16. Jh. bezeugt.

BlutN., ahd. mhd. bluot, gemeingerm. Wort; engl. blood; vielleicht altes Part. zu blühen (nach der ro­ten Farbe).

Bösewicht M., ahd. bōsewiht, mhd. bœsewiht, zu böse und Wicht. böse (Adj), ahd. bōsi, mhd. bœse 'schlecht, unnütz, lastersüchtig'; Wicht M., ahd. wiht 'Ding, Wesen, Person', mhd. wiht 'Geschöpf, Wesen, Ding'.

brechen (st. V.), ahd. brёhhan, mhd. brёchen 'bre­chen'; got. brikan, angls. brёcan, engl. to break, nl. breken; verwandt mit lat. frangere 'brechen'.

Brombeere F., ahd. brāmberi, mhd. brāmber, eigtl. Zuss.; ahd. brāmo, mhd. brāme 'Dornstrauch, Dornart', eigtl. 'die Beere einer Dornart'.

Brunst F., ahd. mhd. brunst, Ableitung zu brennen 'Brennen, Brand, Glut, Hitze, Verwüstung durch Feuer'; got. brunsts.

Buchstabe M., ahd. buohstap, mhd. buohstap (b), asächs. bōkstaf, angls. bōcstœf. Eigtl. 'Buchenstab, der zum Einritzen von Runen bestimmt war'.

BürdeF., ahd. burdi, mhd. bürde zu ahd. bёran 'tragen', angls. bёran, engl. to bear; got. baúrþei zu baíran, lat. ferre 'tragen'.

Burgvogt, Burgvoigt M., Zuss. aus Burg und Vogt. Burg F., ahd. burg, mhd. burc (g) 'umschlossener, befestigter Ort, Burg, Schloß, Stadt', asächs. burg, nl. burg, angls. burh, engl. borough, got. baúrgs. In den altgerm. Dialekten war Burg, was uns Stadt ist. Burg ist in Ablautverhältnis mit Berg und bergen, also eigtl. 'befestigte Höhe'. Vogt M., ahd. fógāt, mhd. vog(e)t, entlehnt aus mtlat. vocātus, bedeutet mhd. 'der Schutzherr der römischen Kirche, König oder Kaiser von Rom, König und Fürst überhaupt'; auch 'Statthal­ter, Gerichtsbeamter'.

Büro, Bureau N., aus frz. bureau, entlehnt Ende des 17. Jh., bedeutete urspr. 'grobes Tuch, mit Tuch be­zogener Tisch', aus frz. bure.

Bursche M., identisch mit Börse, mhd. burse 'Börse, Beutel, Genossenschaft, Haus derselben, speziell der Studenten'. Aus der letzten Bedeutung, die im 15. Jh. galt, hat sich unsere erst nhd. Bedeutung von Bursche (mit Wandel von rs zu rsch) entwickelt. Im 16. Jh. hatte Burß (F.) überwiegend die Bedeutung 'Haufen Kriegsknechte', speziell auch '10 Kriegsknechte'; der einzelne von einer Burß hieß Burßgesell, seit der 1. Hälfte des 17. Jh. auch Mitbursch(e) oder einfach Bursche.

 

D

 

damals (Adv.), erst nhd.; dafür mhd. des māles 'in jener Zeit', da ist aus dem Stamm des Artikels abge­leitet; als zeitliches da bezeichnet es den Gegensatz zu jetzt, mals — Gen. von Mal (N.), ahd. mhd. māl 'Zeit­punkt, Punkt'.

dato, der Ablativ zu Datum (N.), aus lat. datum (eigtl. 'gegeben'); bis dato 'bis heute' in der Kanz­leisprache.

Decke F., ahd. decki, mhd. decke zu decken; urspr. in allgemeinerem Sinne 'Decke, Bedeckung, das Zudecken'. Jetzt spezialisiert: Zimmerdecke, Tischdecke usw.

dero, die Form für der und die im Gen. Pl. in der Kanzleisprache.

deutsch (Adj.), ahd. diutisc, mhd. diutesc, tiu(t)sch aus ahd. diot, mhd. diet 'Volk' mit dem Suffix -isc (mhd. -isch). Vgl. got. þiuda 'Volk'. Seit dem Ausgang des 8. Jhs. erscheint in lat. Quellen theodisce und wei­terhin lingua theodisca als Gegensatz zur lat. Sprache. Erst später tritt diutisc in deutschen Quellen auf. Im 9. Jh. kommt es als Volksbezeichnung vor.

Dickicht N., eigtl. 'dicht bewachsene Stelle', das um 1700 als Jägerwort aufgetaucht ist; zu dick — ahd. dicke, mhd. dic, dicke, in der Bedeutung 'dicht' ist es ein gemeingerm. Wort (engl. thick).

Dietrich, ein Eigenname, entstanden als Zuss. aus ahd. diot 'Volk' und ahd. rihhi, mhd. rīche 'beherrschtes Land, Reich, Reichsoberhaupt, Obrigkeit, Herrschaft', also eigtl. 'Oberhaupt des Volkes'. Vgl. got. reiki 'Reich, Herrschaft, Gewalt, Obrigkeit', kelt. rig 'König'. Dies entspricht als urverwandt dem lat. rex, rēgis, sskr. rājan 'König'.

DorfN., ahd. mhd. dorf, nl. dorp, engl. thorp (nur noch in Eigennamen erhalten); got. þaúrp bedeutet 'Acker, Land'. Es ist vielleicht mit lat. trabs 'Balken' verwandt. Grundbedeutung von Dorf also 'Balkenbau'.

dorten (Adv.), seit dem 16. Jh. eine Nebenform von dort, die bis in die neueste Zeit von Dichtern verwendet worden ist. dort (Adv.), ahd. darōt, dorōt, mhd. dort, Weiterbildung zu dara, nhd. dar, urspr. 'dahin'.

du (Pron.), ahd. mhd. du; idg. Wort: lat. tu, grch. , sskr. tv-ám, engl. thou.

durchhecheln (V.), Zuss. von durch und hecheln. durch (Präp.), ahd. duruh, durh, mhd. dur(ch) 'durch', auch 'um... willen', asächs. thuru(h), engl. through,

got. þairh 'durch'. Verwandtschaft mit lat. trāns unsicher. hecheln(V.), zu Hechel. Hechel (F.), mhd. hechel, hachel, ndd. hekel, engl. hatchel und hackle.
Wahrscheinlich zu ahd. mhd. hecchen, hecken 'stechen', verwandt mit Haken und Hecht), Daher die jetzige Bedeutung des Verbes, auch bildlich 'höhnische
Bemerkungen über etwas machen', besonders in der Zuss. durchhecheln.

DurstM., ahd. thurst, mhd. durst, nl. dorst, engl. thirst, got. þaúrstei 'Durst'. Das auslautende tdes ahd. und engl. Wortes ist Ableitung. Vgl. mit dürr, ahd. durri, mhd. dürre 'dürr, trocken, mager', got. þaúrsus Trocken' (got. rs — hdt. rr).

E

EheF., ahd. ēwa, mhd. ē, ēwe 'Gesetz, Ehe', asächs. eo 'Gesetz', nl. echt 'Ehe', angls. aé, aéw 'Gesetz, Ehe'. Vielleicht könnte es mit sskr. éva 'Gang, Lauf, Handlungsweise, Sitte' zusammenhängen.

Einfluß M., mhd. īnvluз;,ist in übertragenem Sinne Lehnübersetzung von lat. influxus.

Einöde F., ahd. einōti, ist Ableitung aus ein mit dem Suffix -ōti; mhd. enœde, einœte 'Einsamkeit, Einöde'; erst später, durch Volksetymologie an öde angelehnt, bekam das mhd. nhd. Wort die jetzige Gestalt.

Elend N., ahd. elilenti, mhd. ellende 'Verbannung, Fremde, Ausland', mhd. auch 'Not, Trübsal, Elend', ahd. auch 'Gefangenschaft', eigtl. 'anderes Land, Fremde' (el = lat. ulias liegt auch in Elsaß vor), und zwar als etwas Unangenehmes gedacht, wohin man sich ungern begibt. Das Abstraktum zu elend (Adj.), ahd. eli-lenti 'verbannt, in der Fremde befindlich, auslän­disch', mhd. eilende 'unglücklich, jammervoll, in fremden Lande befindlich, verbannt'.

Elentier N., urspr. Elend; vgl. Kame1tier, Pantertier, Tigertier, Murmeltier, Renntier usw. Das Wort beruht auf lit. elnis 'Hirsch', aslow. jeleni 'Hirsch'. Die altdeutsche Benennung des Elen­tiers war Elch, ahd. ëlaho, mhd. ëlch.

Ellenbogen, Ellbogen, M., ahd. elinbogo, mhd. elenboge 'Ellenbogen'; nl. elleboog, angls. elnboga, engl. elbow, eigtl. 'Armbiegung'; die erste Komponente Elle ist gemeingerm. als Längenmaß, zugrunde liegt aber die Bedeutung 'Unterarm', die in Ellenbogen erhalten ist. Das stammhafte n ist in der Form Ellenbogen er­halten.

EndeN., ahd. enti, mhd. ende, asächs, endi, nl. einde, angls. ende, engl. end, got. andeis 'Ende'. Ver­wandt mit sskr. ánta-s 'Grenze, Ende, Rand, Saum', wohl auch mit grch. anti, lat. ante. Urspr. vom Raum gebraucht, wird es schon früh auf die Zeit übertragen.

erhaben (Adj.), mhd. erhaben, eigtl. Partizip zu mhd. erheben 'in die Höhe heben'. Es bedeutet urspr. 'emporragend über anderes'.

Erlkönig M., zuerst von Herder 1778 in der Übersetzung einer dänischen Ballade gebraucht, die Goethes Gedicht als Vorbild gedient hat. Es beruht auf einem falschen Verständnis des dänischen ellerkonge (aus elverkonge) 'Elfenkönig'.

 

F

fahnden (V.), ahd. fantōn, mhd. vanden 'besuchen', asächs. fandon, angls. fandian 'prüfen, ersuchen, for­schen'; westgerm. Wort, wohl abgeleitet aus finden, aber vom Sprachgefühl wahrscheinlich mit frühnhd. fahen in Zusammenhang gebracht, woraus sich die Dehnung des Vokals erklärt.

Farbe F., ahd. farawa, mhd. varwe 'Aussehen, Ge­stalt, Farbe', ist Substantivierung des Adj. ahd. faro (farawēr) 'farbig', mhd. var (warwer) 'farbig, gefärbt' und zunächst Eigenschaftsbezeichnung (ein Rock von blauer Farbe); erst abgeleitet ist die Bedeutung 'Stoff zum Färben'.

Fehler M., eine Ableitung aus fehlen. fehlen(V.), mhd. vēlen 'fehlen, sich irren, trügen, mangeln, ver­fehlen', entlehnt aus frz. faillir 'fehlen, verfehlen, täuschen', das mit ital. fallire auf lat. fallere zurückgeht. Fehler bezeichnet als Gegensatz zu Treffer zunächst den fehlenden Schuß, seit dem 18. Jh. ist es als allgemeine Bezeichnung für etwas, wodurch der Zweck einer Handlung verfehlt wird, dann überhaupt für etwas Mangelhaftes.

Feind M., ahd. fīant, mhd. vīent, vīnt; gemeingerm. Wort: asächs. fīond, angls. fīond, engl. fiend, got. fijands, eigtl. substantiviertes Part, zu einem Verb (got. fijan), das 'hassen' bedeutete, also eigtl. 'der Hassende'; vgl. Freund. Als Prädikat hat os sich wieder adjektivischer Natur angenähert (schon im Mhd.). Das zeigt sich an der Konstruktion mit dem Dat. (er ist mir feind).

Feld N., ahd. fëld, mhd. vëlt (Gen. vëldes) 'Feld, Boden, Fläche, Ebene'; westgerm. Wort: asächs. angls. fëld, engl. field, nl. veld; urverwandt mit russ. поле 'Feld' und dem Landesnamen Polen. Die Grundbedeu­tung ist 'Bodenfläche'. Neben der allgemeinen Bedeu­tung stehen selbständig gewordene Spezialisierungen:

1.Acker, daher übertragen 'Gebiet für Tätigkeit'; 2. 'Gebiet, auf dem Bergbau getrieben wird'; 3. Schlacht­feld, weil die Schlachten bei der früheren Kriegsfüh­rung immer in offenem Gelände geschlagen wurden; 4. übertragen — 'Feld eines Schachbretts' usw.

Feldscher M., weitergebildet Feldscherer, zu Feld (siehe oben) und scheren, eigtl. 'Militärbarbier', dann 'Chirurg', da das Geschäft des Barbiers und das des Chirurgen vereinigt zu sein pflegten, jetzt außer Gebrauch gekommen.

Feldwebel M., im 16. Jh. bezeugt mit der Neben­form Feldweybel und Feldweibel. Zuss. aus Feld (siehe oben) und Webel. Webel, Weibel M., ahd. weibil, mhd. weibel zu mhd. weiben 'sich hin und her bewegen'. Eigtl. 'Gerichtsdiener, Amtsdiener, Unter­beamter'. Die Neben form Webel (in Feldwebel) stammt aus dem Niederdeutschen oder Ostmitteldeutschen. Das Wort ist aus dem Gebrauch verschwunden.

FemeF., 'heimliches Gericht' (Femgericht) geht auf mhd. veime, mnd. veime, vēme zurück. Da die Einrichtung der Feme von Westfalen ausgeht, hat sich ndd. ēim Hochdeutschen durchgesetzt. Dazu verfemen, Part, verfemt nicht selten in uneigentlicher Anwen­dung.

FergeM. (veraltet), ahd. ferjo, mhd. verje 'Schiffer, Fährmann'. Übergang von j in gnach r wie in Scherge; zunächst zu Fähre, fahren;auch got. farjan 'schiffen'; von neueren Dichtern wird Ferge wie­der aufgenommen.

FestN., mhd. vëst aus lat. festum, woraus ital. festa, frz. fēte (engl. feast).

fest(Adj.), ahd. fasti, festi, mhd. veste 'fest, stark, standhaft', asächs. fast, angls. fœst, engl. fast. Dazu gehört das unumgelautete Adv. fast.

Filz M., ahd. mhd. vilz, nl. vilt, angls. engl. felt, schwed.-dän. filt 'Filz.' Aus dem germ. Worte stammen die lautverwandten roman. Worte — ital. feltro, frz. feutre, mtlat. filtrum 'Filz', woher jetzt Filter und filtrieren entstanden sind. Filz wurde mhd. und frühnhd. für einen bäuerischen Menschen gebraucht, zunächst wohl, weil ein solcher in Filz gekleidet zu sein pflegte; schon spätmhd. erscheint es auch als Bezeich­nung für einen Geizigen.

finden(st. V.), ahd. findan, mhd. vinden; gemeingerm. Verb: got. finþan, angls. findan, asächs. fīthan, engl. to find 'finden'. Das Verb kann entweder das Ergebnis eines Suchens ausdrücken oder das zu­fällige Stoßen auf einen Gegenstand. Es bleibt nicht auf Objekte der räumlichen Welt beschränkt; vgl. Gnade, Beifall usw. finden. Es bedeutet auch 'in der Betrachtung, Überlegung auf etwas geraten'; vgl. ich fand, daß er mich getäuscht hatte. Reflexiv nähert es sich passivischer Funktion: da fand sich der Becher ... in Benjamins Sack (Luther). Ungewöhnlich ist die Bedeutung 'sich befinden' = 'an einem Orte sein, in einem bestimmten Zustande sein'.

FluchtF., ahd. fluht, mhd. vluht, asächs. fluht, nl. vlugt, angls. flyht, engl. flight 'Flucht'. Verbalabstraktum zu fliehen.

Flügel M., mhd. vlügel, nl. vleugel 'Flügel', ein aus fliegen gebildetes jüngeres Wort; vielfach bildlich gebraucht.

FlutF., ahd. fluot, mhd. vluot, got. flōdus, angls. flōd, engl. flood, asächs. flōd, nl. vloed, abgeleitet aus dem Verb, das noch im Engl. lebt (flow) und mit grch. ploōein 'schiffen, schwimmen' verwandt ist.

folgen (V.), ahd. folgēn, mhd. volgen, gemeingerm.Verb, nl. volgen, asächs. folgon, angls. fylgan, engl. to follow 'folgen'. Der Verbalstamm ist zusammengesetzt: erstes — betontes — Wortglied — wäre voll (vgl. angls. ful-éode 'erfolgte', ahd. fola gān 'folgen') und gehen (ahd. gēn, gān) der zweite Teil des Wortes.

FreudeF., ahd. frewida, mhd. vröude, vreude. Abstraktbildung zu froh, wie Gemeinde zu gemein; vgl. Begierde, Zierde, Beschwerde.

Freund M., ahd. friunt, mhd. vriunt (d) 'Freund, Verwandter', äsächs. friund 'Freund, Verwandter', nl. triend, angls. fréond, engl. friend 'Freund', substanti­viertes Part., vgl. got. frijōnds zum Verb frijōn 'lie­hen', angls. fréogan 'lieben', also eigtl. 'liebender' (vgl. Feind).

Friedhof M., ahd. frīthof, mhd. vrīthof 'eingefriedigter Ort', Zuss. aus ahd. frīt, mhd. vrīt 'Einfriedigung, eingehegter Raum' und ahd. mhd. hof 'Hof, also eigtl. 'eingefriedigter Raum um eine Kirche' (vgl. got. freidjan 'schonen', ahd. frīten 'hegen, lieben, beschützen'). Mhd. vrīthof hätte Freithof ergeben müssen; durch An­lehnung an das damit allerdings urverwandte Friede ist aber die jetzige Form entstanden.

Friedrich, ein Eigenname, alte Zuss. aus ahd. fridu, mhd. vride, asächs. frithu, angls. freoðu, friðu 'Friede' und ahd. rihhi, mhd. rīche 'beherrschtes Land, Reich, Reichsoberhaupt, Obrigkeit, Herrschaft', also eigtl. 'Friedefürst'. (Vgl. Dietrich, Heinrich.)

frommen (V.), ahd. frumjan, frammen 'nützen', bei Luther geläufig, aber landschaftlich frühzeitig ausge­storben und im 17. Jh. wenig bezeugt; vgl. fromm (Adj.), mhd. vrum 'tüchtig, trefflich, gut, wacker, för­derlich', dann im moralischen Sinn 'rechtschaffen'.

Fron F., mhd. vrōne 'Frondienst', ahd. frōno, das wie ein Adj., aber ohne Flexion gebraucht wird — 'dem Herrn zugehörig'. Es ist der erstarrte Gen. Pl. von ahd. frō 'Herr', wozu Frau — ahd, frouwa, mhd. vrouwe — Femininbildung ist. Dazu fronen 'Frondienst tun', 'dienen', Fronarbeit, Fronarbeiter, Fronherr, fronpflichtig.

fürder(Adv.), ahd. furdir, mhd. vürder 'weiter nach vorn, weiterfort, weg'. Wie es scheint, Weiterbildung zu fort; in neuerer Zeit nur in poetischer Sprache. Bedeutung: 1. räumlich — 'vorwärts'; 2. viel häufiger zeitlich — 'weiter, künftig'; in gleichem Sinne fürderhin, auch hinfürder.

G

Galeere F., eigtl. ein Wort der Mittelmeerschiffahrt — 'großes Ruderschiff'; aus mtlat. galeo, ital. galera, um 1600 entlehnt.

Gänserich M., (dafür im 16./17. Jh. meist Ganser), eine spätere Maskulinbildung zu Gans nach Analogie von Enterich, dessen zweite Element dem engl. drake, ndd. drāke 'Enterich' entspricht. Der Ursprung dieses Wortes ist dunkel ('Männchen'?).

Garn N., ahd. mhd. garn, angls. gearn, engl. yarn, nl. garen, die gemeingerm. Bezeichnung für 'Garn'; in der Bedeutung für 'Netz' fungiert Garn schon in ahd. mhd. Zeit; urverwandt mit grch. chordē '(Darm-) Saite'.

Gasse F., ahd. gaззa, mhd. gaззe, gemeingerm. Wort (got. gatwō 'Gasse, Straße'), ist urspr. die allge­meine Bezeichnung für die in Städten und Dörfern zwischen den Häusern laufenden Wege, sie mögen schmal oder breit sein, während Straße urspr. die Landstraße ist, die allerdings auch Ortschaften durch­schneiden kann. Allmählich hat sich Straße für Gasse eingedrängt, so daß letzteres nur als Bezeichnung für die kleinen engen Gassen bleibt.

GastM., ahd. mhd. gast 'Fremdling, Gast', gemein­germ. Wort: got. gasts, angls. gyst, giest, nl. asächs. gast. Vgl. lat. hostis 'Feind', eigtl. 'Fremdling', aslow, gosti 'Gast'.

Gebäude N., statt Gebäu N. — mhd. gebiuwe 'Bau, Gebäude', in neuerer Zeit nur poetisch.

GeduldF., ahd. gidult, mhd. gedult zudulden, bezeichnet zunächst das bereitwillige Ertragen von Unannehmlichkeiten, erst sekundär ist die Beziehung auf das Abwarten einer Veränderung.

Gegend F., ahd. geginōti, mhd. gegenōte, gegende, aus gegen gebildet wie Armut aus arm. Nachbildung des frz. contrée (ital. contrada) 'Gegend' (zu lat. contra).

Gehilfe, Gehülie M., beide Formen schon früh nebeneinander. Vgl. Hilfe F., ahd. hilfa, mhd. hilfe, hëlfe Hilfe' zu helfen.

Gehöft, Gehöfte N., Kollektivbildurig zu Hof.

Geist M., ahd. mhd. geist 'Geist, überirdisches Weisen', westgerm. Wort — asächs. gēst, nl. geest, angls. gást, engl. ghost in der gleichen Bedeutung. Die Grundbedeutung des Wortes ('Aufgeregtheit'?) ist nicht ganz, sicher. Vgl. got. us-gaisjan 'erschrecken, außer sich bringen', engl. aghast 'aufgeregt, zornig'.

Geleise, Geleis N., daneben jetzt übliches GleisN., (mit Synkope wie glauben, gleich) zu mhd. (sel­ten) geleis 'betretener Weg', gewöhnlich mhd. leis, leise 'Spur, Geleise'. Vgl. germ. Wurzel lais 'gehen', ahd. waganleisa 'Wagenspur'.

gelten (st. V.), ahd. gëltan, mhd. gëlten 'zurückzah­len, zahlen, wert sein, vergelten, entschädigen'; vgl. got. us-, fra-gildan 'vergelten', angls. gieldan, engl. to yield 'nachgeben', nl. gelden 'wert sein, kosten'. Die Grund­bedeutung ist 'etwas erstatten, entrichten'; besonders scheint es auf religiöse Opfer bezogen.

Gelübde N., ahd. gilubida, mhd. gelübede zu goloben, meist in religiösem Sinne.

gemächlich (Adv.), ahd. gimahlīhho, mhd. gemechlich, an Stelle von gemach in der Grundbedeutung getreten; gemach (Adv.), ahd. gimah, mhd. gemach, urspr. Adj., dann nur noch Adv. 'bequem'.

GemachN. (zu machen), ahd. gimah 'Bequem­lichkeit, Vorteil', mhd. gemach 'Ruhe, Wohlbehagen, Bequemlichkeit, Pflege, Ort, wo man sich pflegt, Zim­mer'.

Gemahl M., ahd. gimahalo 'Bräutigam, Gatte', gimahala 'Braut, Gattin'; mhd. gemahele 'Braut, Gemah­lin'; ahd. mahal 'Versammlung, Kontrakt, Ehevertrag' hat nur im Deutschen die spezielle Beziehung zu der Verlobungsverhandlung in der öffentlichen Versamm­lung vor der Volksgemeinde angenommen. Dazu ver­mählen. Vgl. got. maþl 'Versammlung, Markt', angls. mæðel 'Versammlung'.

Gemüt N., ahd. gimuoti, mhd. gemüete, eigtl. Kollektivum zu Mut 'Gesamtheit der Gedanken und Emp­findungen', mhd. auch 'Stimmung, Verlangen', ahd.
'Freude'. Mut M., ahd. mhd. muot 'Sinn, Geist, Gemüt, Mut'.

gen (Präp.), verkürzt aus mhd. gēn, gein, das aus gegen zusammengezogen ist. Veraltet; vereinzelt ist gen von Dichtern angewendet.

genehm (Adj.), ahd. gināmi, mhd. genæme 'genehm, angenehm' zu nehmen, also eigtl. 'was zu nehmen ist, was man gern nimmt'. Dazu Zuss. angenehm, mhd. annæme zu annehmen.

GenickN., mhd. genic, genicke; Kollektivum zu nëcke, einer Ablautform von Nacken.

genießen(st. V.), ahd. ginioзan, mhd. genießen neben ahd. nioзan, mhd. nieзen, urspr. 'den Gebrauch von et­was haben', dann überhaupt 'Vorteil von etwas haben, etwas gebrauchen, genießen'. Gemeingerm, st. Verb. Vgl. got. niutan 'an etwas teilnehmen, einer Sache froh sein', angls. nēotan 'nehmen, gebrauchen, genie­ßen', nl. genieten, asächs. niotan 'genießen'.

GeschäftN., mhd. gescheft(e), geschäffede 'Ge­schöpf, Werk, Gestalt, Beschäftigung, Geschäft, Ange­legenheit'; Abstraktum zu schaffen, eigtl. 'was man zu schaffen hat'.

GeschichteF., ahd. gisciht, mhd. geschiht 'Ereignis, Zufall, Hergang einer Begebenheit, Schickung' (mhd. auch 'Angelegenheit, Sache, Art und Weise, Schicht'); Abstraktum zu geschehen. (Geschichte ist das Geschehene und was fort und fort geschieht in der Zeit. Th. Mann)

GeschwulstF., ahd. giswulst, mhd. geswulst zu schwellen.

gesegnen (V.), neben einfachem segnen nament­lich in bestimmten Formeln lange erhalten, mundart­lich bis heute.

Gesindel N., eigtl. Diminutiv zu Gesinde. Gesindel in der jetzigen Form und Bedeutung herrscht erst im 18. Jh. und wird nicht mehr als Verkleinerungswort empfunden. GesindeN., ahd. gisindi, mhd. gesinde 'Reisegefolge; Kriegsgefolgschaft'; eigtl. Kollektivum zum M. ahd. gisind(o), mhd. gesint (d) 'Gefolgsmann, eigtl. 'wer eine Heerfahrt mitmacht'; zum M. ahd. sind, mhd. sint 'Reise, Heereszug'.

GewaltF., ahd. giwalt, mhd. gewalt, zu walten. Es ist zunächst 'die Fähigkeit oder Befugnis, nach Will­kür mit etwas zu verfahren'.

Gewand N., mhd. gewant (d) 'Kleidung, Rüstung, Kleiderstoff, Zeug'; daher Gewandhaus 'städtisches Gebäude, in dem Stoffe verkauft werden'. Es bezeichnet zunächst die Gesamtheit der Kleidungsstücke, dann ein einzelnes Kleidungsstück. Es ist aus der gewöhnlichen Umgangssprache geschwunden. Das Wort ist wohl aus wenden abgeleitet und bedeutet zunächst 'das Ge­wendete', 'das gefaltet aufbewahrte Tuch'.

gewiß (Adj., Adv.), ahd. giwis (ss), giwisso, mhd. gewis (ss), gewisse 'gewiß, sicher, zuverlässig', alle Partizipialbildung zu wissen. Vgl. got. unwiss 'un­gewiß' zu got. witan 'wissen'.

gleich (Adj.), ahd. gilīh (hh), mhd. gelīch, gemeingerm. Zuss. aus ge- in der Grundbedeutung 'zusammen' und līch 'Körper, Gestalt', also eigtl. 'in der Gestalt zusammentreffend'; got. galeiks, angls. gelīc, engl. like, nl. gelijk, asächs. gilīk.

GlutF., ahd. mhd. gluot, zu glühen; glühen (V.), ahd. gluoen, mhd. glüen, glüejen, asächs. glōian, angls. glōwan, engl. to glow, nl. gloeijen 'glühen'.

Greis M., mhd. grīse, Substantivierung des Adjek­tivs greis, mhd. grīs, nur dt. und nl. Wort, bedeutet urspr. 'grau', wird dann besonders von der Haarfarbe des Alters gebraucht, daher die jetzige Bedeutung. Vgl. ital. griso, frz. gris 'grau'.

Gruft F., ahd. gruft, mhd. gruft zu graben, doch mit Anlehnung der Bedeutung an mtlat. crupta, grupta '(Grab-) Gewölbe'.

Gulde

 








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