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Das zweite Jahr (второй год)





 

Nach Mühlenordnung und Zunftgebrauch(по уставу гильдии мельников: die Ordnung – положение, порядок die Zunft – гильдия der Gebrauch – обычай, нравы)

 

115Der Meister blieb während der nächsten Tage verschwunden, (пропадал) in dieser Zeit stand die Mühle still. (простаивала) Die Mühlknappen lungerten auf den Pritschen herum, (валялись в своих постелях) sie hockten (сидели) am warmen Ofen (у теплой печки). Sie aßen wenig und sprachen nicht viel, besonders nicht über Tondas Tod. Als habe es einen Altgesellen, (как будто бы старого подмастерья) der Tonda hieß, auf der Mühle im Koselbruch nie gegeben. (никогда и не было) Am Ende der Pritsche, die ihm gehört hatte, (на краю постели, которая ему принадлежала) lagen Tondas Kleider, sauber gefaltet und aufeinandergeschichtet: (лежала одежда Тонды, чистая и аккуратно сложенная) die Hosen, das Hemd und der Kittel, der Leibgurt, das Schurztuch und oben darauf die Mütze. (брюки, рубашка, рабочая блуза, пояс, передник и сверху шапка) Juro hatte die Sachen am Abend des Neujahrstages heraufgebracht, und die Burschen bemühten sich, so zu tun, (и парни старались делать так) als gelänge es ihnen, darüber hinwegzusehen. (как будто бы им удается не смотреть на вещи: gelingen) Krabat war traurig, er fühlte sich gottverlassen und elend. (Крабат был грустным, он чувствовал себе покинутым («Богом») и жалким) Dass Tonda ums Leben gekommen war, konnte kein Zufall gewesen sein: (то, что Тонда погиб, не могло быть случайностью) das wurde ihm mehr und mehr zur Gewissheit, (это становилось ему все более и более очевидным: die Gewissheit – уверенность, достоверность) je länger er sich darüber Gedanken machte. (чем более он задумывался над этим) Es musste da etwas geben, wovon er nichts wusste, (должно быть что-то такое, о чем он не знал) was die Gesellen vor ihm geheimhielten. (держали от него в тайне) Worin bestand das Geheimnis? (в чем же была: «состояла» эта тайна?) Warum hatte Tonda es ihm nicht anvertraut? (не доверил ему это?) Fragen und wieder Fragen, die sich dem Jungen aufdrängten. (сами напрашивались мальчику: drängen – теснить) Hätte er wenigstens etwas zu tun gehabt! (было бы хотя бы чем-нибудь заняться) Das Herumlungern (ничегонеделание) machte ihn noch ganz krank. Juro allein war in diesen Tagen beschäftigt wie immer (занят, как всегда). Er heizte (топил) die Öfen, er kochte, er sorgte dafür, (следил за тем) dass das Essen rechtzeitig (вовремя) auf den Tisch kam, obgleich (хотя) die Gesellen das meiste davon (большую часть из этого) in den Schüsseln ließen (оставляли в мисках). Es mag wohl am Morgen des vierten Tages gewesen sein, (это случилось, по всей видимости утром четвертого дня) dass er den Jungen im Hausflur ansprach. (когда он заговорил с мальчиком)



 

Das zweite Jahr

 

Nach Mühlenordnung und Zunftgebrauch

 

115Der Meister blieb während der nächsten Tage verschwunden, in dieser Zeit stand die Mühle still. Die Mühlknappen lungerten auf den Pritschen herum, sie hockten am warmen Ofen. Sie aßen wenig und sprachen nicht viel, besonders nicht über Tondas Tod. Als habe es einen Altgesellen, der Tonda hieß, auf der Mühle im Koselbruch nie gegeben. Am Ende der Pritsche, die ihm gehört hatte, lagen Tondas Kleider, sauber gefaltet und aufeinandergeschichtet: die Hosen, das Hemd und der Kittel, der Leibgurt, das Schurztuch und oben darauf die Mütze. Juro hatte die Sachen am Abend des Neujahrstages heraufgebracht, und die Burschen bemühten sich, so zu tun, als gelänge es ihnen, darüber hinwegzusehen. Krabat war traurig, er fühlte sich gottverlassen und elend. Dass Tonda ums Leben gekommen war, konnte kein Zufall gewesen sein: das wurde ihm mehr und mehr zur Gewissheit, je länger er sich darüber Gedanken machte. Es musste da etwas geben, wovon er nichts wusste, was die Gesellen vor ihm geheimhielten. Worin bestand das Geheimnis? Warum hatte Tonda es ihm nicht anvertraut? Fragen und wieder Fragen, die sich dem Jungen aufdrängten. Hätte er wenigstens etwas zu tun gehabt! Das Herumlungern machte ihn noch ganz krank. Juro allein war in diesen Tagen beschäftigt wie immer. Er heizte die Öfen, er kochte, er sorgte dafür, dass das Essen rechtzeitig auf den Tisch kam, obgleich die Gesellen das meiste davon in den Schüsseln ließen. Es mag wohl am Morgen des vierten Tages gewesen sein, dass er den Jungen im Hausflur ansprach.



 

116 «Magst du mir einen Gefallen tun, Krabat? (ты можешь сделать мне одолжение, Крабат?) Du könntest mir ein paar Späne schneiden. (наколи мне щепок для растопки)» «Ist recht», (ладно) sagte Krabat und folgte ihm (последовал за ним) in die Küche. Neben dem Herd lag ein Bündel Kienholz (вязанка сосновых дров) bereit, zum Aufspanen. (для того, чтобы расщепить) Juro ging an den Schrank, um ein Messer zu holen, doch Krabat erklärte, er habe sein eigenes bei der Hand. (у него есть свой собственный нож) «Um so besser! (тем лучше) Dann los – und gib acht, dass du dich nicht schneidest!» (тогда вперед и смотри, не порежься) Krabat machte sich an die Arbeit. (принялся за работу) Es war ihm, (он чувствовал) als ginge von Tondas Messer eine lebendige Kraft aus. (исходила какая-то живительная сила) Nachdenklich wog er es in der Hand. (задумчиво «взвесил» он нож в руке: wiegen) Zum erstenmal seit der Neujahrsnacht fasste er wieder Mut, (он воспрянул духом) zum erstenmal spürte er neue Zuversicht. (почувствовал он снова уверенность) Juro war unbemerkt neben ihn getreten (подошел незаметно) und schaute ihm über die Schulter. (посмотрел на него через плечо) «Dein Messer», meinte er – «damit kannst du dich sehen lassen...» (с ним ты можешь показываться = нож у тебя на зависть) «Ein Andenken», (это – память) sagte der Junge. «Von einem Mädchen wohl?» «Nein», sagte Krabat. «Von einem Freund, wie es keinen mehr geben wird auf der Welt.» (от одного друга, какого уже не будет на свете) «Das weißt du bestimmt?» fragte Juro. «Das», sagte Krabat, «weiß ich für Zeit und Ewigkeit.» (это я знаю точно: «навсегда, на время и вечность») Am Morgen nach Tondas Begräbnis (после похорон Тонды) waren die Mühlknappen übereingekommen, (решили, пришли к согласию) dass Hanzo von nun an (отныне) die Stelle des Altgesellen bekleiden sollte, (будет занимать место старого подмастерья) und Hanzo erklärte sich damit einverstanden. (выразил свое согласие с этим) Der Meister blieb außer Haus bis zum Vorabend des Dreikönigstages. (до вечера праздника Богоявления – 6 января) Sie lagen schon auf den Pritschen, und Krabat wollte gerade das Licht ausblasen, (затушить: «задуть» свет) da öffnete sich die Bodentür. Der Meister erschien auf der Schwelle, (появился на пороге) sehr bleich, wie mit Kalk bestrichen. (бледный, как известью покрашенный: bestreichen)



 

116 «Magst du mir einen Gefallen tun, Krabat? Du könntest mir ein paar Späne schneiden.» «Ist recht», sagte Krabat und folgte ihm in die Küche. Neben dem Herd lag ein Bündel Kienholz bereit, zum Aufspanen. Juro ging an den Schrank, um ein Messer zu holen, doch Krabat erklärte, er habe sein eigenes bei der Hand. «Um so besser! Dann los – und gib acht, dass du dich nicht schneidest!» Krabat machte sich an die Arbeit. Es war ihm, als ginge von Tondas Messer eine lebendige Kraft aus. Nachdenklich wog er es in der Hand. Zum erstenmal seit der Neujahrsnacht fasste er wieder Mut, zum erstenmal spürte er neue Zuversicht. Juro war unbemerkt neben ihn getreten und schaute ihm über die Schulter. «Dein Messer», meinte er – «damit kannst du dich sehen lassen...» «Ein Andenken», sagte der Junge. «Von einem Mädchen wohl?» «Nein», sagte Krabat. «Von einem Freund, wie es keinen mehr geben wird auf der Welt.» «Das weißt du bestimmt?» fragte Juro. «Das», sagte Krabat, «weiß ich für Zeit und Ewigkeit.» Am Morgen nach Tondas Begräbnis waren die Mühlknappen übereingekommen, dass Hanzo von nun an die Stelle des Altgesellen bekleiden sollte, und Hanzo erklärte sich damit einverstanden. Der Meister blieb außer Haus bis zum Vorabend des Dreikönigstages. Sie lagen schon auf den Pritschen, und Krabat wollte gerade das Licht ausblasen, da öffnete sich die Bodentür. Der Meister erschien auf der Schwelle, sehr bleich, wie mit Kalk bestrichen.

 

117 Er warf einen Blick in die Runde. (взглянул на всех: «на круг») Dass Tonda nicht da war, schien er zu übersehen; (он, казалось, и не заметил) wenigstens ließ er es sich nicht anmerken. (по крайней мере, он не показал и виду) «An die Arbeit!» befahl er. Dann machte er kehrt (развернулся) und verschwand für den Rest der Nacht. (на всю оставшуюся ночь) In die Müllerburschen kam Leben. (в подмастерья вернулась жизнь) Sie schlugen die Decken zurück, (откинули одеяла) sprangen hoch (спрыгнули) von den Strohsäcken, zogen hastig die Kleider über. (поспешно натянули на себя одежду) «Los!» drängte Hanzo. «Der Meister wird uns sonst ungeduldig, (иначе, Мастер потеряет терпение: «станет нетерпеливым»: die Geduld – терпение) ihr kennt ihn ja!» (вы же его знаете) Petar und Staschko rannten zum Mühlenweiher, die Schleuse öffnen. Die anderen stolperten (пошли, спотыкаясь) in die Mahlstube, schütteten Korn auf (засыпали зерно) und ließen die Mühle anlaufen. (и привели в движение мельницу) Als sie in Fahrt kam, (когда она заработала) mit Ächzen und Stampfen und dumpfem Gedröhne, (со скрипом, стуком и глухим гулом) wurde es den Gesellen leicht ums Herz. (стало легко на сердце) «Sie mahlt wieder!» dachte Krabat. «Die Zeit geht weiter...» Um Mitternacht (к полуночи) waren sie mit der Arbeit fertig. Als sie den Schlafraum betraten, sahen sie, dass auf der Pritsche, die Tonda gehört hatte, jemand lag: ein schmächtiges blasses Bürschlein mit schmalen Schultern und rotem Schоpf. (тощий худой паренек с узкими плечами и рыжим чубом: der Schopf) Sie umringten (окружили) den Schläfer und weckten ihn (разбудили его) – so, wie sie Krabat geweckt hatten, damals, vor einem Jahr. Und wie Krabat vor ihnen erschrocken war, (испугался их) so erschrak nun der Rotschopf beim Anblick der elf Gespenster (при виде одиннадцати призраков) an seinem Bett. «Keine Angst!» sagte Michal. «Wir sind hier die Müllerburschen, vor uns brauchst du nicht zu zittern. (тебе не нужно бояться нас: «дрожать») – Wie heißt du denn?» «Witko. – Und du?» «Ich bin Michal – und dies hier ist Hanzo, der Altgesell. Dies ist mein Vetter Merten – dies Juro...» Am anderen Morgen, als Witko zum Frühstück kam, trug er Tondas Kleider. Sie passten ihm, (они подходили ему) wie für ihn gemacht. (как будто с него мерки брали) Er schien sich nichts weiter dabei zu denken (он, казалось, не задумывался) und fragte auch nicht, wem sie vorher gehört hatten. (кому они принадлежали раньше) Das war gut so, das machte die Sache für Krabat erträglicher. (так было лучше, это делало данное обстоятельство более сносным для Крабата: ertragen – сносить) Am Abend – der neue Lehrjunge hatte sich tagsüber in der Mehlkammer abgerackert (намучился за целый день на мельнице) und war schon zu Bett gegangen – am Abend befahl der Müller die Burschen und Krabat zu sich in die Meisterstube.

 

117 Er warf einen Blick in die Runde. Dass Tonda nicht da war, schien er zu übersehen; wenigstens ließ er es sich nicht anmerken. «An die Arbeit!» befahl er. Dann machte er kehrt und verschwand für den Rest der Nacht. In die Müllerburschen kam Leben. Sie schlugen die Decken zurück, sprangen hoch von den Strohsäcken, zogen hastig die Kleider über. «Los!» drängte Hanzo. «Der Meister wird uns sonst ungeduldig, ihr kennt ihn ja!» Petar und Staschko rannten zum Mühlenweiher, die Schleuse öffnen. Die anderen stolperten in die Mahlstube, schütteten Korn auf und ließen die Mühle anlaufen. Als sie in Fahrt kam, mit Ächzen und Stampfen und dumpfem Gedröhne, wurde es den Gesellen leicht ums Herz. «Sie mahlt wieder!» dachte Krabat. «Die Zeit geht weiter...» Um Mitternacht waren sie mit der Arbeit fertig. Als sie den Schlafraum betraten, sahen sie, dass auf der Pritsche, die Tonda gehört hatte, jemand lag: ein schmächtiges blasses Bürschlein mit schmalen Schultern und rotem Schöpf. Sie umringten den Schläfer und weckten ihn – so, wie sie Krabat geweckt hatten, damals, vor einem Jahr. Und wie Krabat vor ihnen erschrocken war, so erschrak nun der Rotschopf beim Anblick der elf Gespenster an seinem Bett. «Keine Angst!» sagte Michal. «Wir sind hier die Müllerburschen, vor uns brauchst du nicht zu zittern. – Wie heißt du denn?» «Witko. – Und du?» «Ich bin Michal – und dies hier ist Hanzo, der Altgesell. Dies ist mein Vetter Merten – dies Juro...» Am anderen Morgen, als Witko zum Frühstück kam, trug er Tondas Kleider. Sie passten ihm, wie für ihn gemacht. Er schien sich nichts weiter dabei zu denken und fragte auch nicht, wem sie vorher gehört hatten. Das war gut so, das machte die Sache für Krabat erträglicher. Am Abend – der neue Lehrjunge hatte sich tagsüber in der Mehlkammer abgerackert und war schon zu Bett gegangen – am Abend befahl der Müller die Burschen und Krabat zu sich in die Meisterstube.

 

118 Bekleidet mit einem schwarzen Mantel, saß er in seinem Armstuhl: zwei brennende Kerzen vor sich auf dem Tisch, zwischen denen ein Handbeil lag – und sein Dreispitz, (между ними лежал топор и его треуголка: das Handbeil der Dreispitz) der gleichfalls von schwarzer Farbe war. «Ich habe euch», sagte er, als die Gesellen sich in der Stube versammelt hatten, «zu mir beschieden, wie es die Mühlenordnung verlangt. (созвал к себе, как этого требует устав гильдии мельников) Ist ein Lehrjunge unter euch? (среди вас есть ученик) Der mag vortreten!» (пусть выйдет вперед) Krabat verstand nicht gleich, dass der Meister ihn meinte. Petar versetzte ihm einen Rippenstoß, (Петар толкнул его в ребро) da besann er sich und trat vor. (он опомнился и вышел вперед) «Deinen Namen!» «Ich heiße Krabat.» «Wer bürgt dafür?» (кто поручится?) «Ich», sagte Hanzo, an Krabats Seite tretend. (подходя к Крабату) «Ich bürge für diesen Jungen und seinen Namen.» «Einer ist keiner» (один не в счет), versetzte der Meister, (ответил на это Мастер) «Das wohl», ließ sich Michal vernehmen, (и я, сказал Михал) wobei er an Krabats andere Seite trat. «Zwei aber sind ein Paar (двое это уже пара), und ein Paar ist ausreichend für die Zeugenschaft (а пара – достаточно для свидетельства), Darum verbürge auch ich mich für diesen Jungen und seinen Namen.» Zwischen dem Meister und den Gesellen an Krabats Seite entspann sich ein Wechselgespräch, (возник диалог: «меняющийся разговор» = вопросы и ответы) das nach festen Regeln verlief und in festen Formeln. (который проходил по определенным правилам и формулам) Der Meister fragte die beiden, ob, wo und wann der Lehrjunge Krabat das Müllerhandwerk erlernt habe, (изучил мельничное дело) und sie versicherten ihm, (и они заверяли его) dass der Junge in allen Künsten und Handgriffen hinlänglich unterwiesen sei. (что мальчик был достаточно обучен всем «искусствам» и тонкостям: unterweisen – обучать) «Dafür bürgt ihr mir?» «Dafür bürgen wir», sagten Hanzo und Michal. «Wohlan denn, so wollen wir diesen Lehrjungen Krabat nach Mühlenordnung und Zunftgebrauch freisprechen!» (тогда согласно гильдии мельников мы переводим этого мальчика: freisprechen – оправдать /перед законом; einen Gesellen freisprechen – перевести подмастерье в мастера) Freisprechen? Krabat glaubte nicht recht zu hören. (не верил своим ушам) War seine Lehrzeit denn abgelaufen (его испытательный срок истек) – jetzt, nach dem ersten Jahr schon? Der Meister erhob sich, (Мастер поднялся: sich erheben; heben – поднимать) er setzte den Dreispitz auf. (надел треуголку) Dann ergriff er das Handbeil und trat auf den Jungen zu. (потом схватил топор и подошел к мальчику) Indem er ihn mit der Schneide des Beiles am Scheitel und an den Schultern berührte, (дотронувшись лезвием топора до затылка плеч мальчика) rief er: «Von Zunft wegen, (по уставу гильдии) Krabat! Ich, als dein Lehrherr und Meister, (в качестве твоего учителя и Мастера) spreche dich hiermit, in Gegenwart der versammelten Mühlknappen, deines bisherigen Standes als Lehrjunge los und ledig. (в присутствии собравшихся подмастерьев объявляю, что отныне ты больше не ученик: ledig – свободный)

 

118 Bekleidet mit einem schwarzen Mantel, saß er in seinem Armstuhl: zwei brennende Kerzen vor sich auf dem Tisch, zwischen denen ein Handbeil lag – und sein Dreispitz, der gleichfalls von schwarzer Farbe war. «Ich habe euch», sagte er, als die Gesellen sich in der Stube versammelt hatten, «zu mir beschieden, wie es die Mühlenordnung verlangt. Ist ein Lehrjunge unter euch? Der mag vortreten!» Krabat verstand nicht gleich, dass der Meister ihn meinte. Petar versetzte ihm einen Rippenstoß, da besann er sich und trat vor. «Deinen Namen!» «Ich heiße Krabat.» «Wer bürgt dafür?» «Ich», sagte Hanzo, an Krabats Seite tretend. «Ich bürge für diesen Jungen und seinen Namen.» «Einer ist keiner», versetzte der Meister. «Das wohl», ließ sich Michal vernehmen, wobei er an Krabats andere Seite trat. «Zwei aber sind ein Paar, und ein Paar ist ausreichend für die Zeugenschaft. Darum verbürge auch ich mich für diesen Jungen und seinen Namen.» Zwischen dem Meister und den Gesellen an Krabats Seite entspann sich ein Wechselgespräch, das nach festen Regeln verlief und in festen Formeln. Der Meister fragte die beiden, ob, wo und wann der Lehrjunge Krabat das Müllerhandwerk erlernt habe, und sie versicherten ihm, dass der Junge in allen Künsten und Handgriffen hinlänglich unterwiesen sei. «Dafür bürgt ihr mir?» «Dafür bürgen wir», sagten Hanzo und Michal. «Wohlan denn, so wollen wir diesen Lehrjungen Krabat nach Mühlenordnung und Zunftgebrauch freisprechen!» Freisprechen? Krabat glaubte nicht recht zu hören. War seine Lehrzeit denn abgelaufen – jetzt, nach dem ersten Jahr schon? Der Meister erhob sich, er setzte den Dreispitz auf. Dann ergriff er das Handbeil und trat auf den Jungen zu. Indem er ihn mit der Schneide des Beiles am Scheitel und an den Schultern berührte, rief er: «Von Zunft wegen, Krabat! Ich, als dein Lehrherr und Meister, spreche dich hiermit, in Gegenwart der versammelten Mühlknappen, deines bisherigen Standes als Lehrjunge los und ledig.

 

119 Fortan (впредь) sollst du ein Geselle unter Gesellen sein und als Knappe gehalten werden nach Mühlenbrauch.» Damit drückte er Krabat das Beil in die Hand, (с этими словами вручил он Крабату топор) das im Gürtel zu tragen ein Vorrecht der freigesprochenen Burschen war; (носить который за поясом было преимущественным правом подмастерьев) dann entließ er ihn (отпустил он его) mit den anderen aus der Stube. Krabat war überrascht und verwirrt, (поражен и потрясен) damit hatte er nicht gerechnet. (на это он не рассчитывал) Als letzter verließ er den Raum (последним он покинул комнату) und zog hinter sich die Tür zu. (и закрыл за собой дверь) Da wurde ihm unversehens ein Mehlsack über den Kopf gestülpt, (тут неожиданное его на него нахлобучили мешок с мукой) dann packte ihn wer (потом схватил его кто-то) bei den Schultern und wer an den Beinen. «Ab mit ihm, in die Mahlstube!» (неси его на мельницу) Das war Andrusch, der da gerufen hatte. Krabat versuchte sich freizustrampeln – vergebens! (пытался высвободиться – напрасно: strampeln – сучить ногами) Lachend und lärmend (с хохотом и шумом) schleppten (потащили) die Burschen ihn in die Mahlstube, warfen ihn (бросили его) auf die Mehlkiste und begannen ihn durchzuwalken. (валять) «Ein Lehrjunge ist er gewesen!» rief Andrusch. «Nun lasst ihn uns zwischen die Steine nehmen, (теперь нам нужно его перемолоть) ihr Brüder – ein Mühlknappe muss ohne Spelz und Makel sein!» (он должен быть подмастерьем без сучка и без задоринки) Sie kneteten Krabat wie einen Brotteig durch; (мяли Крабата как тесто для хлеба) sie rollten ihn (катали его) auf der Mehlkiste hin und her, dass ihm schwindlig wurde; (так что у него голова закружилась) sie knufften und pufften ihn mit den Fäusten (пихали и толкали его кулаками) – und einer hieb ihm (ударил его: hauen) ein paarmal mit aller Gewalt (пару раз со всей силы) auf den Schädel, bis Hanzo dazwischenfuhr: (так что Ханцо вмешался) «Aufhören, (прекратить) Lyschko! Wir wollen ihn freimüllern, (перемолоть) aber nicht totschlagen!» (а не убить) Als sie von Krabat abließen, (отстали от Крабата) kam er sich vor, (он чувствовал себя так) als sei er tatsächlich durch eine Mühle gedreht worden. (провернули, прокрутили) Petar zog ihm den Sack herunter, (снял с него мешок) und Staschko streute ihm (посыпал ему) eine Handvoll (горсть) Mehl auf den Kopf. «Er ist durchgemahlen!» verkündete (объявил) Andrusch. «Ich danke euch, Brüder! Nun ist er ein Knappe von Schrot und Korn (совершенный, полный, до мозга костей: ein Mann von echtem Schrot und Korn – настоящий человек, человек в полном смысле этого слова: das Schrot – /охотничья/ дробь) geworden, dessen sich keiner von uns zu schämen (стыдиться: sich schämen + Gen) braucht.

 

119 Fortan sollst du ein Geselle unter Gesellen sein und als Knappe gehalten werden nach Mühlenbrauch.» Damit drückte er Krabat das Beil in die Hand, das im Gürtel zu tragen ein Vorrecht der freigesprochenen Burschen war; dann entließ er ihn mit den anderen aus der Stube. Krabat war überrascht und verwirrt, damit hatte er nicht gerechnet. Als letzter verließ er den Raum und zog hinter sich die Tür zu. Da wurde ihm unversehens ein Mehlsack über den Kopf gestülpt, dann packte ihn wer bei den Schultern und wer an den Beinen. «Ab mit ihm, in die Mahlstube!» Das war Andrusch, der da gerufen hatte. Krabat versuchte sich freizustrampeln – vergebens! Lachend und lärmend schleppten die Burschen ihn in die Mahlstube, warfen ihn auf die Mehlkiste und begannen ihn durchzuwalken. «Ein Lehrjunge ist er gewesen!» rief Andrusch. «Nun lasst ihn uns zwischen die Steine nehmen, ihr Brüder – ein Mühlknappe muss ohne Spelz und Makel sein!» Sie kneteten Krabat wie einen Brotteig durch; sie rollten ihn auf der Mehlkiste hin und her, dass ihm schwindlig wurde; sie knufften und pufften ihn mit den Fäusten – und einer hieb ihm ein paarmal mit aller Gewalt auf den Schädel, bis Hanzo dazwischenfuhr: «Aufhören, Lyschko! Wir wollen ihn freimüllern, aber nicht totschlagen!» Als sie von Krabat abließen, kam er sich vor, als sei er tatsächlich durch eine Mühle gedreht worden. Petar zog ihm den Sack herunter, und Staschko streute ihm eine Handvoll Mehl auf den Kopf. «Er ist durchgemahlen!» verkündete Andrusch. «Ich danke euch, Brüder! Nun ist er ein Knappe von Schrot und Korn geworden, dessen sich keiner von uns zu schämen braucht.

 

120 « «Hoch!» (ура, да здравствует) riefen Petar und Staschko, die hier mit Andrusch das große Wort führten. (были заводилами здесь) «Hoch mit ihm!» Abermals (снова) wurde Krabat an Armen und Beinen gepackt, (схвачен) die Mühlknappen warfen ihn (подбросили его) in die Höhe und fingen ihn auf. (и поймали) Das taten sie dreimal hintereinander, (трижды подряд) dann schickten sie (послали) Juro um Wein (за вином) in den Keller, und Krabat musste ihnen reihum Bescheid trinken. (чокнуться со всеми по порядку) «Deine Gesundheit, Bruder – zum Wohlsein!» (за здоровье) «Zum Wohlsein, Bruder!» Während die anderen weitertranken, setzte sich Krabat abseits (в сторонку) auf einen Stapel (на стопку) von leeren Säcken. War es ein Wunder, (удивительно ли) dass ihm der Schädel brummte (голова: «череп» гудела) – nach allem, was er an diesem Abend erlebt hatte? (пережил, испытал) Später kam Michal und setzte sich neben ihn. «Du scheinst (кажется) mit gewissen Dingen nicht klarzukommen.» (не можешь понять некоторые вещи) «Nein», sagte Krabat. «Wie konnte der Meister mich freisprechen! Ist meine Lehrzeit denn schon zu Ende?» «Das erste Jahr auf der Mühle im Koselbruch gilt für drei» (считается за три), meinte Michal. «Es sollte dir nicht entgangen sein, (ты не мог не заметить) dass du seit deiner Ankunft (с твоего прихода) älter geworden bist, Krabat – genau um drei Jahre.» «Aber das ist nicht möglich!» «Doch», sagte Michal. «Auf dieser Mühle sind noch ganz andere Dinge möglich – das solltest du mittlerweile (тем временем) gemerkt haben.»

 

120 « «Hoch!» riefen Petar und Staschko, die hier mit Andrusch das große Wort führten. «Hoch mit ihm!» Abermals wurde Krabat an Armen und Beinen gepackt, die Mühlknappen warfen ihn in die Höhe und fingen ihn auf. Das taten sie dreimal hintereinander, dann schickten sie Juro um Wein in den Keller, und Krabat musste ihnen reihum Bescheid trinken. «Deine Gesundheit, Bruder – zum Wohlsein!» «Zum Wohlsein, Bruder!» Während die anderen weitertranken, setzte sich Krabat abseits auf einen Stapel von leeren Säcken. War es ein Wunder, dass ihm der Schädel brummte – nach allem, was er an diesem Abend erlebt hatte? Später kam Michal und setzte sich neben ihn. «Du scheinst mit gewissen Dingen nicht klarzukommen.» «Nein», sagte Krabat. «Wie konnte der Meister mich freisprechen! Ist meine Lehrzeit denn schon zu Ende?» «Das erste Jahr auf der Mühle im Koselbruch gilt für drei», meinte Michal. «Es sollte dir nicht entgangen sein, dass du seit deiner Ankunft älter geworden bist, Krabat – genau um drei Jahre.» «Aber das ist nicht möglich!» «Doch», sagte Michal. «Auf dieser Mühle sind noch ganz andere Dinge möglich – das solltest du mittlerweile gemerkt haben.»

 

Ein milder Winter

 

121 Wie der Winter begonnen hatte, so blieb er auch: schneereich und mild (мягкой, теплой). Das Eis vor der Schleuse, am Wehr (у плотины: das Wehr) und im Mühlgraben machte den Burschen wenig zu schaffen in diesem Jahr. Rasch war es weggepickelt, (лед можно было счистить быстро: der Pickel – небольшая мотыга, кирка) und manchmal fror eine halbe Woche lang nichts mehr nach. (не замерзал снова: frieren) Dafür (зато, вместо этого) schneite es oft und reichlich (обильно, сильно) – zum Kummer (к досаде) des neuen Lehrjungen, der mit Schneeräumen (с уборкой снега) kaum noch nachkam. (еще не успевал) Wenn Krabat sich diesen Witko betrachtete – dürr, (худого) wie er war, und rotznasig (шмыгающего носом: der Rotz – сопли) –, wurde ihm klar, dass wohl stimmen musste, (что скорей всего так оно и было) was Michal gesagt hatte von den drei Jahren, um die er inzwischen (между тем) älter geworden war – und dass er es eigentlich längst hätte merken müssen, von selber: (по себе, глядя на себя) an seiner Stimme, (по собственному голосу) an seinem Körper, an seinen Kräften und weil ihm seit Anfang des Winters um Kinn und Wangen (на подбородке и щеках: das Kinn die Wange) ein leichter Flaum spross, (появился пушок: sprossen – пробиваться, пускать ростки) nicht weiter ins Auge fallend, (это не бросалось в глаза) und doch, wenn man mit den Fingern darüber hinstrich, (если провести пальцами) deutlich zu spüren. (ясно чувствовалось) An Tonda dachte er immer wieder in diesen Wochen, er fehlte ihm überall, (ему его везде не хватало /Крабату Тонды/) und es schmerzte ihn, (причиняло боль) dass er sein Grab (его могилу) nicht besuchen konnte. Er hatte es zweimal versucht und war beide Male nicht weit gekommen: es lag zu viel Schnee im Koselbruch, darin war er stecken geblieben, (застрял) nach wenigen hundert Schritten schon. Trotzdem blieb er entschlossen, (он сохранял решимость) bei nächster Gelegenheit (при следующем удобном случае) einen dritten Versuch zu wagen (осмелиться, решиться) – da kam ihm ein Traum zuvor. (но он увидел сон: «но сон опередил его)

 

Ein milder Winter

 

121 Wie der Winter begonnen hatte, so blieb er auch: schneereich und mild. Das Eis vor der Schleuse, am Wehr und im Mühlgraben machte den Burschen wenig zu schaffen in diesem Jahr. Rasch war es weggepickelt, und manchmal fror eine halbe Woche lang nichts mehr nach. Dafür schneite es oft und reichlich – zum Kummer des neuen Lehrjungen, der mit Schneeräumen kaum noch nachkam. Wenn Krabat sich diesen Witko betrachtete – dürr, wie er war, und rotznasig –, wurde ihm klar, dass wohl stimmen musste, was Michal gesagt hatte von den drei Jahren, um die er inzwischen älter geworden war – und dass er es eigentlich längst hätte merken müssen, von selber: an seiner Stimme, an seinem Körper, an seinen Kräften und weil ihm seit Anfang des Winters um Kinn und Wangen ein leichter Flaum spross, nicht weiter ins Auge fallend, und doch, wenn man mit den Fingern darüber hinstrich, deutlich zu spüren. An Tonda dachte er immer wieder in diesen Wochen, er fehlte ihm überall, und es schmerzte ihn, dass er sein Grab nicht besuchen konnte. Er hatte es zweimal versucht und war beide Male nicht weit gekommen: es lag zu viel Schnee im Koselbruch, darin war er stecken geblieben, nach wenigen hundert Schritten schon. Trotzdem blieb er entschlossen, bei nächster Gelegenheit einen dritten Versuch zu wagen – da kam ihm ein Traum zuvor.

 

122 Es ist Frühling, der Schnee ist dahingeschmolzen, (растаял и утек) der Wind hat ihn auf getilgt. (уничтожил, стер его) Krabat geht durch den Koselbruch, es ist Nacht und Tag. Der Mond (луна) steht am Himmel, die Sonne (солнце) scheint. Bald muss Krabat beim Wüsten Plan sein – da sieht er im Nebel (в тумане) eine Gestalt (фигура, образ) auf sich zukommen. (подходит к нему) Nein, sie entfernt sich. (удаляется) Er glaubt, dass es Tonda ist. «Tonda!» ruft er, «bleib stehen! (стой!) Ich bin es – Krabat!» Es ist ihm, als zögere (как будто бы медлит) die Gestalt einen Augenblick. Wie er dann weitergeht, (когда он подходит) setzt auch sie ihren Weg fort. (она уходит: «продолжает свой путь») «Bleib stehen, Tonda!» Krabat beginnt zu laufen. Er rennt was er kann. (бежит что есть сил) Der Abstand verringert sich (расстояние между ними уменьшается). «Tonda!» ruft er. Nun ist er auf wenige Schritte herangekommen (приблизился) – da steht er vor einem Graben. (перед канавой) Der Graben ist breit und tief, kein Steg führt hinüber, (ни мостика через нее) kein Balken (ни бревна) liegt in der Nähe, auf dem er ihn überqueren (пересечь) könnte. Drüben (по ту сторону) steht Tonda, er kehrt ihm den Rücken zu. (повернувшись спиной)»Warum fliehst du mich, (убегаешь от меня) Tonda?» «Ich fliehe dich nicht. Du musst wissen, dass ich am anderen Ufer bin (на другом берегу). Bleib du auf deinem.» (оставайся на своем) «Wende mir wenigstens das Gesicht zu!» (хотя бы взгляни на меня: «повернись лицом») «Ich kann nicht zurückblicken, (оглянуться) Krabat, ich darf es nicht. (мне нельзя) Doch ich höre und werde dir antworten, dreimal im ganzen. (на три вопроса в целом = всего) Nun frage mich, was zu fragen ist.» (что нужно спросить) Was ist zu fragen? Krabat braucht nicht darüber nachzudenken. (не раздумывает) «Wer, Tonda, hat deinen Tod verschuldet?» (кто виновен в твоей смерти) «Am meisten (больше всего) ich selbst.» «Und wer noch?» «Du wirst es erfahren, (узнаешь) Krabat, wenn du die Augen offenhältst. (если откроешь глаза, будешь держать глаза открытыми) Nun die letzte Frage.» Krabat besinnt sich. (призадумывается) Es gäbe noch viel, (как будто бы было много всего) was er wissen möchte... «Ich bin sehr allein», (мне очень одиноко) sagt er. «Seit du weg bist, habe ich keinen Freund mehr. Wem kann ich mich anvertrauen, (довериться) was rätst (посоветуешь) du mir?»

 

122 Es ist Frühling, der Schnee ist dahingeschmolzen, der Wind hat ihn auf getilgt. Krabat geht durch den Koselbruch, es ist Nacht und Tag. Der Mond steht am Himmel, die Sonne scheint. Bald muss Krabat beim Wüsten Plan sein – da sieht er im Nebel eine Gestalt auf sich zukommen. Nein, sie entfernt sich. Er glaubt, dass es Tonda ist. «Tonda!» ruft er, «bleib stehen! Ich bin es – Krabat!» Es ist ihm, als zögere die Gestalt einen Augenblick. Wie er dann weitergeht, setzt auch sie ihren Weg fort. «Bleib stehen, Tonda!» Krabat beginnt zu laufen. Er rennt was er kann. Der Abstand verringert sich. «Tonda!» ruft er. Nun ist er auf wenige Schritte herangekommen – da steht er vor einem Graben. Der Graben ist breit und tief, kein Steg führt hinüber, kein Balken liegt in der Nähe, auf dem er ihn überqueren könnte. Drüben steht Tonda, er kehrt ihm den Rücken zu. «Warum fliehst du mich, Tonda?» «Ich fliehe dich nicht. Du musst wissen, dass ich am anderen Ufer bin. Bleib du auf deinem.» «Wende mir wenigstens das Gesicht zu!» «Ich kann nicht zurückblicken, Krabat, ich darf es nicht. Doch ich höre und werde dir antworten, dreimal im ganzen. Nun frage mich, was zu fragen ist.» Was ist zu fragen? Krabat braucht nicht darüber nachzudenken. «Wer, Tonda, hat deinen Tod verschuldet?» «Am meisten ich selbst.» «Und wer noch?» «Du wirst es erfahren, Krabat, wenn du die Augen offenhältst. Nun die letzte Frage.» Krabat besinnt sich. Es gäbe noch viel, was er wissen möchte... «Ich bin sehr allein», sagt er. «Seit du weg bist, habe ich keinen Freund mehr. Wem kann ich mich anvertrauen, was rätst du mir?»

 

123 Tonda blickt ihn nicht an, (не взглянул на него) auch jetzt nicht. «Geh heim», (ступай домой) sagt er, «und vertraue dem ersten besten, (поверь первому же, первому встречному) der dich beim Namen ruft: (кто назовет тебя по имени) auf ihn wird Verlass sein. (на него можно положиться: sich verlassen auf jmdn der Verlass) – Und noch eins, bevor ich gehe, ein Letztes! Dass du mein Grab besuchst, ist nicht wichtig. (неважно) Ich weiß, dass du an mich denkst (думаешь обо мне) – das ist wichtiger.» (важнее) Langsam hebt Tonda die Hand zum Gruße. (чтобы попрощаться) Dann löst er sich auf (растворяется) in den Nebeln (в туманах) – und ohne den Kopf zu wenden, (не повернувшись) entschwindet er. (исчезает) «Tonda!» ruft Krabat ihm nach. (ему вслед) «Geh nicht fort, Tonda! Geh nicht fort von mir!» Er schreit es aus tiefster Seele (со всей силы: «из глубины души») – und plötzlich hört er, wie jemand «Krabat!» ruft. – «Aufwachen, Krabat, aufwachen!» Michal und Juro standen an Krabats Pritsche, sie beugten sich über ihn. (склонились над ним) Krabat wusste nicht, ob er noch träumte (еще видел сон) oder schon wach war. «Wer hat mich gerufen?» fragte er. «Wir», sagte Juro. «Du hättest dich hören müssen, (слышал бы ты) wie du im Schlaf geschrien hast!» «Ich?» fragte Krabat. «Es war zum Erbarmen.» (жалкое зрелище) Michal fasste nach seiner Hand. (взял его за руку) «Hast du Fieber?»(у тебя температура) «Nein», sagte Krabat. «Ich hatte bloß (просто) – einen Traum...» Und dann fügte er hastig hinzu: (поспешно добавил) «Wer von euch hat meinen Namen zuerst (сначала, первым) gerufen? Sagt mir's, ich muss es wissen!» Michal und Juro erklärten sich überfragt, (не знали что и сказать: «вопрос был выше их») darauf hätten sie nicht geachtet. (не обратили внимания) «Aber ein nächstesmal», meinte Juro, «werden wir an den Knöpfen abzählen, (будем тянуть жребий: «считаться по пуговицам») wer dich wecken darf – damit's hinterher (чтобы потом) keinen Zweifel gibt.» Für Krabat stand fest, (было очевидным) dass es Michal gewesen sein musste, der ihn als erster gerufen hatte. Juro, gewiss, war ein braver Bursche, (был хорошим парнем) gutmütig durch und durch, (очень добрым) aber eben ein Dummkopf. (но глуповатым) Tonda konnte nur Michal gemeint haben, (иметь в виду) als sie im Traum miteinander gesprochen hatten. Von nun an (с этих пор) wandte sich Krabat an ihn, (обращался к нему) wann immer er Rat oder Antwort auf eine Frage brauchte. Michal enttäuschte ihn nie, (никогда не разочаровывал его) bereitwillig (охотно) gab er ihm Auskunft (объяснял, «давал справку») in allen Dingen.

 

123 Tonda blickt ihn nicht an, auch jetzt nicht. «Geh heim», sagt er, «und vertraue dem ersten besten, der dich beim Namen ruft: auf ihn wird Verlass sein. – Und noch eins, bevor ich gehe, ein Letztes! Dass du mein Grab besuchst, ist nicht wichtig. Ich weiß, dass du an mich denkst – das ist wichtiger.» Langsam hebt Tonda die Hand zum Gruße. Dann löst er sich auf in den Nebeln – und ohne den Kopf zu wenden, entschwindet er. «Tonda!» ruft Krabat ihm nach. «Geh nicht fort, Tonda! Geh nicht fort von mir!» Er schreit es aus tiefster Seele – und plötzlich hört er, wie jemand «Krabat!» ruft. – «Aufwachen, Krabat, aufwachen!» Michal und Juro standen an Krabats Pritsche, sie beugten sich über ihn. Krabat wusste nicht, ob er noch träumte oder schon wach war. «Wer hat mich gerufen?» fragte er. «Wir», sagte Juro. «Du hättest dich hören müssen, wie du im Schlaf geschrien hast!» «Ich?» fragte Krabat. «Es war zum Erbarmen.» Michal fasste nach seiner Hand. «Hast du Fieber?» «Nein», sagte Krabat. «Ich hatte bloß – einen Traum...» Und dann fügte er hastig hinzu: «Wer von euch hat meinen Namen zuerst gerufen? Sagt mir's, ich muss es wissen!» Michal und Juro erklärten sich überfragt, darauf hätten sie nicht geachtet. «Aber ein nächstesmal», meinte Juro, «werden wir an den Knöpfen abzählen, wer dich wecken darf – damit's hinterher keinen Zweifel gibt.» Für Krabat stand fest, dass es Michal gewesen sein musste, der ihn als erster gerufen hatte. Juro, gewiss, war ein braver Bursche, gutmütig durch und durch, aber eben ein Dummkopf. Tonda konnte nur Michal gemeint haben, als sie im Traum miteinander gesprochen hatten. Von nun an wandte sich Krabat an ihn, wann immer er Rat oder Antwort auf eine Frage brauchte. Michal enttäuschte ihn nie, bereitwillig gab er ihm Auskunft in allen Dingen.

 

124 Nur einmal, als Krabat die Rede auf Tonda brachte, (завел разговор о) wies er ihn ab. (осадил его) «Die Toten sind tot», sagte Michal. «Sie werden nicht wieder lebendig, wenn man von ihnen spricht.» Michal war Tonda in manchem ähnlich. (в чем-то похожи) Krabat vermutete, (предполагал) dass er dem neuen Lehrjungen heimlich (тайно) Beistand leistete, (поддерживал) da er ihn hin und wieder (иногда) bei Witko stehen und mit ihm sprechen sah – so wie Tonda vergangenen Winter zuweilen (иногда) mit Krabat gesprochen und ihm geholfen hatte. Auch Juro nahm sich auf seine Weise des Neuen an, (взялся по своему за новичка) indem er ihn ständig (постоянно) zum Essen nötigte. (заставлял) «Iss du nur, Jungchen, iss du nur, was du runterkriegst, (сколько можешь проглотить) dass du groß und stark wirst und Speck auf die Rippen bekommst!» (чтобы та поправился: «чтобы на ребрах появился жир») In der Woche nach Lichtmess (после Сретения) begannen sie mit der Waldarbeit. (работать в лесу) Sechs Burschen, darunter Krabat, sollten die Stämme, (стволы) die sie im Vorjahr (в прошлом году) geschlagen (срубили) und draußen gelagert hatten, (и сложили, складировали снаружи, там) zur Mühle schaffen. (принести к мельнице) Das war bei dem hohen Schnee keine leichte Sache. Um sich zum Holzplatz durchzuschaufeln, (пробраться до деревьев, расчищая дорогу: «места повала»: die Schaufel – /совковая/ лопата) brauchten sie eine volle Woche – und dies, obgleich Michal und Merten dabei waren, die sich gewaltig ins Zeug legten. (которые усердно брались за дело) Andrusch zeigte für solchen Eifer wenig Verständnis. (не понимал такого усердия: «показывал мало понимания») Er tat nur gerade das Allernötigste, (только самую малость, самое необходимое) um sich warmzuhalten. (чтобы не замерзнуть: «оставаться теплым») «Wer bei der Arbeit friert, (мерзнет) ist ein Esel», (осел) erklärte er, «und wer schwitzt (кто потеет) – ein Hornochse.» (настоящий осел, дурак: «рогатый вол»)

 

124 Nur einmal, als Krabat die Rede auf Tonda brachte, wies er ihn ab. «Die Toten sind tot», sagte Michal. «Sie werden nicht wieder lebendig, wenn man von ihnen spricht.» Michal war Tonda in manchem ähnlich. Krabat vermutete, dass er dem neuen Lehrjungen heimlich Beistand leistete, da er ihn hin und wieder bei Witko stehen und mit ihm sprechen sah – so wie Tonda vergangenen Winter zuweilen mit Krabat gesprochen und ihm geholfen hatte. Auch Juro nahm sich auf seine Weise des Neuen an, indem er ihn ständig zum Essen nötigte. «Iss du nur, Jungchen, iss du nur, was du runterkriegst, dass du groß und stark wirst und Speck auf die Rippen bekommst!» In der Woche nach Lichtmess begannen sie mit der Waldarbeit. Sechs Burschen, darunter Krabat, sollten die Stämme, die sie im Vorjahr geschlagen und draußen gelagert hatten, zur Mühle schaffen. Das war bei dem hohen Schnee keine leichte Sache. Um sich zum Holzplatz durchzuschaufeln, brauchten sie eine volle Woche – und dies, obgleich Michal und Merten dabei waren, die sich gewaltig ins Zeug legten. Andrusch zeigte für solchen Eifer wenig Verständnis. Er tat nur gerade das Allernötigste, um sich warmzuhalten. «Wer bei der Arbeit friert, ist ein Esel», erklärte er, «und wer schwitzt – ein Hornochse.»

 

125 Um die Mittagszeit war es an diesen Februartagen so warm, dass die Burschen sich nasse Füße holten (у парней промокали ноги) im Wald. Wenn sie abends nach Hause kamen, mussten sie reichlich Talg auf die Stiefel schmieren, (обильно смазывать сапоги жиром) der wurde dann mit den Handballen eingewalkt, (потом втирать его) um das Leder geschmeidig zu halten, (чтобы кожа оставалась гладкой) sonst (иначе) wäre es über Nacht, (за ночь) wenn die Stiefel zum Trocknen (для того чтобы просохнуть) über dem Ofen hingen, steinhart geworden (твердые, как камень). Alle verrichteten (совершали, выполняли) diese lästige (скучную, обременительную) Arbeit selbst – bis auf Lyschko, (все, кроме Лышко) der sich an Witko hielt (который держался за Витко) und ihn zwang, (заставлял, принуждал: zwingen) sie ihm abzunehmen. (взять на себя) Als Michal das merkte, stellte er Lyschko in Gegenwart (в присутствии) aller Burschen dafür zur Rede. (заставил ответить за это, призвал к ответу) Auf Lyschko machte das wenig Eindruck. (не произвело впечатления) «Was ist schon dabei?» (ну и что такого) erklärte er leichthin. (вскользь) «Die Stiefel sind nass gewesen – und Lehrjungen sind dazu da, (здесь как раз для этого) dass sie arbeiten.» «Nicht für dich!» sagte Michal. «Ach was!» (ну и что, да брось) widersprach ihm (возразил ему) Lyschko. «Du steckst deine Nase in Dinge, (суешь нос в вещи) die dich nichts angehen. (которые тебя не касаются) Bist du hier etwa der Altgesell?» (ты кто тут, старший подмастерье) «Nein», musste Michal einräumen. (должен был согласиться) «Aber ich schätze, (думаю: «оцениваю») dass Hanzo es mir nicht übelnimmt, (не обидится на меня) wenn ich dir trotzdem (все равно, все же) sage, dass du dir deine Stiefel in Zukunft selber walken sollst, Lyschko. Sonst (иначе) könnte es sein, dass du Ärger bekommst (будут неприятности) – und kein Mensch soll mir nachsagen dürfen (никто не сможет мне сказать, меня обвинить), ich hätte dich nicht gewarnt.» (что я тебя не предупреждал) Wer bald darauf (вскоре после этого) Ärger bekam, war nicht Lyschko. Am Abend des nächsten Freitages, als die Burschen in Rabengestalt in der Schwarzen Kammer hockten, eröffnete (открыл, сообщил) ihnen der Meister, es sei ihm zu Ohren gekommen, (что до него дошло, что он слышал) dass einer von ihnen dem neuen Lehrjungen heimlich zur Hand gehe (помогает) und ihm verbotenerweise (зная, что это запрещено) die Arbeit erleichtere: (облегчает) das verdiene, (это заслуживает) bestraft zu werden. (наказания: «быть наказанным») Dann wandte er sich an (повернулся к) Michal. «Wie kommst du dazu, (как это ты) dem Jungen zu helfen – antworte!» «Weil er mir Leid tut, Meister. Die Arbeit, die du ihm zumutest, (которую ты ожидаешь от него) ist zu schwer für ihn.» «Findest du?» «Ja», sagte Michal. «Dann höre mir jetzt gut zu!» (тогда слушай меня внимательно)

 

125 Um die Mittagszeit war es an diesen Februartagen so warm, dass die Burschen sich nasse Füße holten im Wald. Wenn sie abends nach Hause kamen, mussten sie reichlich Talg auf die Stiefel schmieren, der wurde dann mit den Handballen eingewalkt, um das Leder geschmeidig zu halten, sonst wäre es über Nacht, wenn die Stiefel zum Trocknen über dem Ofen hingen, steinhart geworden. Alle verrichteten diese lästige Arbeit selbst – bis auf Lyschko, der sich an Witko hielt und ihn zwang, sie ihm abzunehmen. Als Michal das merkte, stellte er Lyschko in Gegenwart aller Burschen dafür zur Rede. Auf Lyschko machte das wenig Eindruck. «Was ist schon dabei?» erklärte er leichthin. «Die Stiefel sind nass gewesen – und Lehrjungen sind dazu da, dass sie arbeiten.» «Nicht für dich!» sagte Michal. «Ach was!» widersprach ihm Lyschko. «Du steckst deine Nase in Dinge, die dich nichts angehen. Bist du hier etwa der Altgesell?» «Nein», musste Michal einräumen. «Aber ich schätze, dass Hanzo es mir nicht übelnimmt, wenn ich dir trotzdem sage, dass du dir deine Stiefel in Zukunft selber walken sollst, Lyschko. Sonst könnte es sein, dass du Ärger bekommst – und kein Mensch soll mir nachsagen dürfen, ich hätte dich nicht gewarnt.» Wer bald darauf Ärger bekam, war nicht Lyschko. Am Abend des nächsten Freitages, als die Burschen in Rabengestalt in der Schwarzen Kammer hockten, eröffnete ihnen der Meister, es sei ihm zu Ohren gekommen, dass einer von ihnen dem neuen Lehrjungen heimlich zur Hand gehe und ihm verbotenerweise die Arbeit erleichtere: das verdiene, bestraft zu werden. Dann wandte er sich an Michal. «Wie kommst du dazu, dem Jungen zu helfen – antworte!» «Weil er mir Leid tut, Meister. Die Arbeit, die du ihm zumutest, ist zu schwer für ihn.» «Findest du?» «Ja», sagte Michal. «Dann höre mir jetzt gut zu!»

 

126 Der Müller war aufgesprungen, (вскочил) er stützte sich (оперся) mit den Händen auf den Koraktor, den Oberkörper weit vorgebeugt. (склонившись /верхней частью тела/) «Was ich wem zumute oder nicht, geht dich einen Dreck an! (тебя вообще не касается: der Dreck – грязь, нечистоты) Hast du vergessen, dass ich der Meister bin? Was ich anschaffe, (что я делаю, приказываю) schaffe ich an, damit basta! Ich werde dir eine Lektion erteilen, (я научу тебя, преподам тебе урок) an die du dein Lebtag (всю жизнь, до конца жизни) denken sollst! – Raus da, (вон отсюда) ihr andern!» (остальные) Er jagte (выгнал) die Mühlknappen aus der Kammer und schloss sich mit Michal ein. (закрылся с) Die Burschen trollten sich (убрались) voller Sorge (обеспокоенные, озабоченные) zu Bett. Sie hörten die halbe Nacht lang ein gräßliches Kreischen (ужасные крики) und Krächzen (и карканье) im Haus – dann kam Michal die Bodenstiege heraufgewankt, (поднялся по лестнице шатаясь) bleich und verstört. (бледный и испуганный) «Was hat er mit dir gemacht?» wollte Merten wissen. Erschöpft (обессиленно) winkte Michal ab. (махнул рукой) «Lasst mich, ich bitte euch!» Die Burschen konnten sich denken, (представить себе) wer Michal dem Meister verraten hatte. (выдал Мастеру) Anderntags hielten sie in der Mehlkammer eine Beratung ab (провели совет) und beschlossen, es Lyschko heimzuzahlen. (отплатить Лышко) «Wir werden ihn», sagte Andrusch, «heut Nacht von der Pritsche holen und ihm das Fell gerben!» (и отдубасим его: das Fell gerben – дубить шкуру) «Jeder mit einem Knüttel!» (дубинкой: der Knüttel) rief Merten. «Und hinterher», knurrte Hanzo, «bekommt er die Haare geschoren (подстрижем ему волосы) und Stiefelfett ins Gesicht geschmiert (и намажем лицо жиром для обуви) – und dann Ruß drüber!» (а сверху – сажей) Michal saß in der Ecke und schwieg. «Sag du auch was!» rief Staschko. «Schließlich bist du es, den er beim Meister vergeigt hat!» (кого он заложил Мастеру) «Gut», meinte Michal, «ich werde euch etwas sagen.» Er wartete, bis sie still waren, dann begann er zu sprechen. Mit ruhiger Stimme (спокойным голосом) sprach er, wie Tonda an seiner Stelle (на его месте) gesprochen hätte. «Was Lyschko getan hat», sagte er, «war eine Lumperei. (подлость: der Lump – негодяй) Aber was ihr da vorhabt, (намереваетесь сделать) ist nicht viel besser. Im Zorn (в гневе) legt man seine Worte nicht auf die Goldwaage (не взвешиваешь слова: «не кладешь их на золотые весы») – gut. Doch nun habt ihr euch Luft gemacht, (но теперь вы открыли себе отдушину = отвели душу) nun soll Schluss (конец) sein. Erspart es mir, (не заставляйте меня, не допускайте) dass ich mich für euch schämen muss!»

 

126 Der Müller war aufgesprungen, er stützte sich mit den Händen auf den Koraktor, den Oberkörper weit vorgebeugt. «Was ich wem zumute oder nicht, geht dich einen Dreck an! Hast du vergessen, dass ich der Meister bin? Was ich anschaffe, schaffe ich an, damit basta! Ich werde dir eine Lektion erteilen, an die du dein Lebtag denken sollst! – Raus da, ihr andern!» Er jagte die Mühlknappen aus der Kammer und schloss sich mit Michal ein. Die Burschen trollten sich voller Sorge zu Bett. Sie hörten die halbe Nacht lang ein gräßliches Kreischen und Krächzen im Haus – dann kam Michal die Bodenstiege heraufgewankt, bleich und verstört. «Was hat er mit dir gemacht?» wollte Merten wissen. Erschöpft winkte Michal ab. «Lasst mich, ich bitte euch!» Die Burschen konnten sich denken, wer Michal dem Meister verraten hatte. Anderntags hielten sie in der Mehlkammer eine Beratung ab und beschlossen, es Lyschko heimzuzahlen. «Wir werden ihn», sagte Andrusch, «heut Nacht von der Pritsche holen und ihm das Fell gerben!» «Jeder mit einem Knüttel!» rief Merten. «Und hinterher», knurrte Hanzo, «bekommt er die Haare geschoren und Stiefelfett ins Gesicht geschmiert – und dann Ruß drüber!» Michal saß in der Ecke und schwieg. «Sag du auch was!» rief Staschko. «Schließlich bist du es, den er beim Meister vergeigt hat!» «Gut», meinte Michal, «ich werde euch etwas sagen.» Er wartete, bis sie still waren, dann begann er zu sprechen. Mit ruhiger Stimme sprach er, wie Tonda an seiner Stelle gesprochen hätte. «Was Lyschko getan hat», sagte er, «war eine Lumperei. Aber was ihr da vorhabt, ist nicht viel besser. Im Zorn legt man seine Worte nicht auf die Goldwaage – gut. Doch nun habt ihr euch Luft gemacht, nun soll Schluss sein. Erspart es mir, dass ich mich für euch schämen muss!»

 

Vivat Augustus! (слава Августу)

 

127 Die Müllerburschen verprügelten Lyschko nicht (не стали бить): sie mieden (избегали: meiden) ihn während der nächsten Zeit. Keiner sprach mit ihm, keiner gab Antwort, wenn Lyschko ihn etwas fragte. Den Brei und die Suppe setzte ihm Juro in einem besonderen Napf (в особом горшке: der Napf) vor, (подавал, сервировал) «weil du von niemand verlangen (требовать) kannst, dass er mit einem Haderlumpen (подлецом: der Hader – лоскут, тряпка; распря) aus einer Schüssel isst». Krabat fand das in Ordnung. Wer seine Mitgesellen beim Meister anschwärzte, (чернил, клеветал на) der verdiente es, dass sie ihm ihre Verachtung zu spüren gaben. (давали почувствовать презрение) Neumonds, (в новолуние) wenn der Gevatter mit seinem Mahlgut vorfuhr, (приезжал со своим помолом) musste der Müller jetzt wieder mithalten (не уступать, не подкачать) bei der Arbeit. Er tat es mit großem Eifer, (с рвением) als gelte es, (как будто бы это было важно, необходимо) den Gesellen zu zeigen, was Zupacken (работать по-настоящему: энергично) heißt – oder war es ihm mehr um den Herrn Gevatter zu tun? (было важнее) Übrigens (впрочем) war der Meister im Spätwinter viel unterwegs, (разъезжал, был в пути) bald zu Ross, (то верхом: das Ross – конь) bald im Pferdeschlitten. (то на санях) Die Burschen machten sich wenig Gedanken darüber, (мало задумывались) von welcher Art (какого рода) die Geschäfte sein mochten, die ihn dazu veranlassten. (которые служили поводом, причиной, побуждали его к этому) Was sie nichts anging, (что их не касалось) brauchten sie nicht zu wissen; und was sie nicht wussten, tat ihnen auch nicht weh. (не задевало их: «не делало им больно») Eines Abends um den Josephitag, der Schnee war geschmolzen, (растаял: schmelzen) es regnete stark, und die Mühlknappen wussten es zu schätzen, (ценили: «смогли оценить») dass sie im Trocknen (под крышей: «в сухом месте») saßen bei diesem Sauwetter: (при такой скверной погоде: die Sau – свинья) eines Abends verlangte der Meister plitz-platz (мигом, быстро) nach der Reisekutsche, (карету) er müsse in einer wichtigen Sache weg, es sei eilig! (срочно) Krabat half Petar die beiden Braunen anschirren, (запрячь гнедых) nahm, als sie fertig waren, das Handpferd am Zügel (взял подручную лошадь за упряжку) und sagte: «Wüh!» Während Petar ins Haus rannte, um dem Meister zu melden, (сообщить Мастеру) die Kutsche sei fahrbereit, (готова к выезду) führte Krabat Gespann und Wagen (упряжку и повозку: das Gespann) hinaus auf den Vorplatz.

 

Vivat Augustus!

 

127 Die Müllerburschen verprügelten Lyschko nicht: sie mieden ihn während der nächsten Zeit. Keiner sprach mit ihm, keiner gab Antwort, wenn Lyschko ihn etwas fragte. Den Brei und die Suppe setzte ihm Juro in einem besonderen Napf vor, «weil du von niemand verlangen kannst, dass er mit einem Haderlumpen aus einer Schüssel isst». Krabat fand das in Ordnung. Wer seine Mitgesellen beim Meister anschwärzte, der verdiente es, dass sie ihm ihre Verachtung zu spüren gaben. Neumonds, wenn der Gevatter mit seinem Mahlgut vorfuhr, musste der Müller jetzt wieder mithalten bei der Arbeit. Er tat es mit großem Eifer, als gelte es, den Gesellen zu zeigen, was Zupacken heißt – oder war es ihm mehr um den Herrn Gevatter zu tun? Übrigens war der Meiste

 








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